Neue Hürden für die Windenergie

Anstatt den enormen Aufholbedarf beim Windkraftausbau in Bayern jetzt endlich tatkräftig anzugehen, baut die Staatsregierung im neuen Gesetzesentwurf erstmal wieder neue Hürden ein. 

©Foto: eigene Aufnahme

Noch während der Verbändeanhörung zur Anpassung der 10H-Regelung ist die Staatsregierung gezwungen an ihrem Gesetzesentwurf weiter rumzudoktern. Das Ganze wird immer komplizierter – niemand weiß mehr, was wann gilt. Die Staatsregierung hat sich komplett in ihren unsinnigen Regelungen verirrt. 

Hintergrund

Während Robert Habeck in den letzten Monaten den Weg für eine beschleunigte Energiewende freigeräumt hat, wirft die CSU/FW-Regierung den Bürger*innen, Genossenschaften, Kommunen und Unternehmen neue Stolpersteine vor die Füße. So hat die Staatsregierung eine Änderung der 10H-Regelung in der bayerischen Bauordnung auf den Weg gebracht, wo in den Vorrang- und Vorbehaltsgebieten (oder einfacher Windgebieten) statt 10H nun vorübergehend ein Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohngebäuden gelten soll. 

Die 1000 Meter Mindestabstand für Windräder in Vorranggebieten sind ein besonders dicker Brocken. Diese Regelung widerspricht - genau wie 10H - den Vorgaben aus dem Wind-an-Land-Gesetz der Bundesregierung. Dieses sieht vor, dass nach dem 1.6.2023 in Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für die Windkraft keine pauschalen Mindestabstände mehr gelten dürfen. 

Die bayerische Zwischenregel soll daher bis zum 1.6.2023 gelten. Danach müssen in Vorrang- und Vorbehaltsgebieten die Abstandsregeln für die Windkraft ganz fallen. So wie es das Bundesgesetz vorsieht. Der Schutz der Anwohner*innen soll in diesen Gebieten, wie in den meisten Bundesländern ohnehin bereits üblich, durch die in ganz Deutschland seit Jahrzehnten gültigen, einheitlichen Regelungen des Bundesimmissionschutzgesetzes gewährleistet werden.

Meine Einschätzung

Bezogen auf die Fläche ist Bayern unter den Bundesländern Schlusslicht beim Ausbau der Windkraft. Das Gebot der Stunde ist es, 10H jetzt sofort abzuschaffen und damit endlich das Ende des bayerischen Sonderwegs bei der Windenergie einzuläuten. Es ist verantwortungslos, dass die CSU angesichts der von ihr maßgeblich mitverschuldeten Energiekrise nicht dazu bereit ist, beim Ausbau der Windkraft über ihren Schatten zu springen. Wieder geht wertvolle Zeit verloren.  

Ich habe selbst viele Jahre in einer Genehmigungsbehörde gearbeitet und weiß aus eigener Erfahrung: Für den Genehmigungsprozess ist so ein ‚rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln‘ Gift. Es ist der reinste Hohn, dass das Ministerium auch noch behauptet, dass die vorgesehenen Änderungen den Genehmigungsprozess erleichtern sollen. So ein Quatsch! In der Praxis wird sich das so auswirken, dass alle Projektierer die 10H-Galgenfrist abwarten und erst dann loslegen, wenn diese Mitte 2023 zumindest in den ausgewiesenen Windgebieten endlich fällt. Ich ärgere mich maßlos, dass die Staatsregierung es nicht einmal in dieser Energiekrise schafft, jetzt anzupacken und tatkräftig den Windkraftausbau voranzubringen. Wieder geht wertvolle Zeit verloren. Jetzt gleich im Gesetz 10H abzuschaffen ist und bleibt das einzig Vernünftige“.

10-Punkte-Sofortprogramm

Wir haben bereits im Juli ein 10-Punkte-Sofortprogramm vorgelegt, mit dem wir auch in Bayern endlich den Turbo beim Windkraftausbau zünden könnten. Neben der Aufhebung von 10H fordern wir unter anderem die bereits laufenden Verfahren für die Ausweisung von Vorbehaltsgebieten zügig abzuschließen, die personelle Ausstattung der Regionalen Planungsverbände zu verbessern und die Anzahl der Windkümmerer auf einen Kümmerer pro Landkreis zu erhöhen.

Wie dringend der Ausbau der Windkraft in Bayern auch angesichts der Energiekrise ist, belegen Zahlen des Wirtschaftsministeriums. Im Juli habe ich die Antwort auf meine schriftliche Anfrage von der Staatsregierung erhalten mit aktuellen Zahlen zum Windkraftausbau.

Es zeigt sich das ganze Ausmaß der Windkraftverhinderungsregel 10H. Im Jahr 2021 wurde kein einziger Genehmigungsantrag für eine Windkraftanlage in Bayern gestellt. Die Jahre zuvor waren es nur zwischen 3 und 8 Anträge auf Genehmigung. In Betrieb gingen im Jahr 2021 nur 8 Anlagen. Und im ersten Halbjahr 2022 waren es nur 3 Anlagen in ganz Bayern.

Diese Zahlen sind verheerend. Die minimale Anzahl der Genehmigungsanträge lässt für die kommenden Jahre keine Verbesserung, sondern sogar noch eine Verschlechterung beim Zubau befürchten. Zudem fallen derzeit pro Jahr rund 30-40 bayerische Windkraftanlagen aus der EEG-Vergütung. Der Großteil der Anlagen läuft zwar heute noch weiter – allerdings werden diese Anlagen, die nun doch 20 Jahre in Betrieb waren, bei der ersten größeren Reparatur ausscheiden. Die Politik der Staatsregierung führt sogar noch zu einem Rückschritt bei der Windkraft. Eine echte Katastrophe.

10H verhindert den Ausbau der Windenergie

Der Schuldige wird von CSU und FW oft woanders gesucht. Jahrelang wurde von der CSU und den FW behauptet, dass 10H gar nicht schuld sei an der Misere der Windkraft in Bayern. Vielmehr seien es die Ausschreibungen, welche bayerische Anlagen nicht zum Zug kommen lassen. Die Fakten zeigen das Gegenteil: seit 2018 wurden 37 bayerische Gebote für Windkraftanlagen abgegeben. 31 Anlagen bekamen einen Zuschlag. „Wer sich an einer Ausschreibung beteiligte, hätte in den letzten Jahren eine sehr gute Erfolgschance von rund 85 % gehabt. Nur die Anzahl der Gebote war mit 8 Stück pro Jahr unterirdisch niedrig, weil niemand Planungen unter 10H beginnen konnte. Es waren also nicht die Ausschreibungen, welche die Windkraft in Bayern ausbremste, sondern allein die 10 H Regel.

Die Staatsregierung geht selbst von einer weiteren Steigerung des Strombedarfs bis 2030 um rund 15 % auf dann 100 TWh aus. Die Windkraft soll aber nur 13 % decken. Das ist viel zu wenig. Gerade in den Wintermonaten wenn Photovoltaik ausfällt, brauchen wir die Windkraft. Wir brauchen 30 TWh durch die Windkraft im Jahr 2030 und nicht nur 13 TWh. Das entspricht einem Zubau von rund 2000 Anlagen bis 2030. Das sind rund 35 Windkraftanlagen pro Landkreis – also ein Zubau von 3–4 neuen Windrädern pro Landkreis und Jahr. 

Fazit

Der „Reform-Vorschlag“ der Bayerischen Staatsregierung ist inmitten eines der größten Energiekrisen unseres Landes verantwortungslos. Die Flaute bei der Windkraft wird so bestehen bleiben. 

Bürger*innen und Unternehmen in Bayern bekommen schon jetzt das energiepolitische Versagen der Staatsregierung zu spüren. Das wird noch drastischer, wenn wir in Bayern nicht endlich in die Spur Richtung klimaneutrale Energieversorgung fahren. 

Die Söder-Regierung muss sich endlich klar zu einem kräftigen Ausbau der Windkraft bekennen. Bayern kann viel mehr – wir wollen unabhängig werden, eine klimaneutrale Energieversorgung erreichen und den Standort Bayern stärken. Die Windkraft ist hier ein wichtiger und unersetzlicher Pfeiler.

Anfrage zu den Ausbauzahlen der Windenergie in Bayern

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