Bayerns Stromversorgung der Zukunft: sauber und sicher?

Die grüne Landtagsfraktion hat eine Studie zur Energieversorgung beauftragt. Das Ergebnis: Wenn die bayerische Energiepolitik so fortgesetzt wird wie bisher, wird 2035 fast 40 Prozent des bayerischen Stroms importiert.

©Foto CC0: seagul; pixabay.com

Das ist uns zu unsicher. Hier müssen wir einfach stärker auf die Produktion im eigenen Land setzen. Neben der Solarenergie muss vor allem in die Windkraft investiert werden und die 10H-Abstandsregel in Bayern abgeschafft werden.

Die Energiepolitik der Bayerischen Staatsregierung treibt die Stromversorgung sehenden Auges in eine ungünstige Situation hinein: Die gebremste Energiewende, insbesondere der brutale Stopp beim Ausbau der Windenergie führte bereits 2018 dazu, dass Bayern erstmals seit vielen Jahren zum Nettostromimporteur geworden ist. Diese Entwicklung wird in den nächsten Jahren noch deutlich weitergehen. Während die Stromproduktion der stillgelegten Atomkraftwerke Isar 1 und Grafenrheinfeld locker von den erneuerbaren Energien in Bayern ersetzt werden konnte, ist dies durch die CSU-Kehre bei der Energiewende 2014 in den letzten Jahren gescheitert.

Die Grüne Landtagsfraktion hat daher ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die mögliche Stromsituation in Bayern im Jahr 2035 beleuchtet. Neben einem Referenzszenario werden vier weitere Varianten der Stromversorgung beleuchtet.

Die Studie zeigt deutlich, dass Bayern stark von Stromimporten abhängig werden wird, wenn wir nicht schnell die Energiepolitik ändern. Diese Importe werden vor allem in den Wintermonaten sehr hoch sein, so dass wir Grüne ernsthaft an der Versorgungssicherheit zweifeln. Darum ist vor allem der Ausbau der Windenergie für Bayern zentral wichtig, weil der Wind vor allem im Winter und auch nachts weht und damit die ideale Ergänzung zur Photovoltaik darstellt. Windkraft ist aber auch die Alternative zum Zubau von neuen Gaskraftwerken. Denn wir dürfen uns auf keinen Fall die Versorgungssicherheit durch neue fossile Kraftwerke erkaufen.

Anlass für dieses Gutachten

Wir haben dieses Gutachten aus zweierlei Gründen in Auftrag gegeben: Zum einen, weil die Energiepolitik der Bayerischen Staatsregierung momentan keine Perspektive bietet, wie die Emissionen aus der Stromversorgung in Bayern abgesenkt werden können. Der erneute Markteintritt der Gaskraftwerke Irsching 4 und 5 wird die Emissionsbilanz weiter verschlechtern. Zum zweiten wird der Stromimport in den kommenden Jahren massiv zunehmen. Der Grund dafür ist, dass für die seit vielen Jahren absehbare Abschaltung der Atomkraftwerke Gundremmingen C und Isar 2 in den letzten Jahren kein nennenswerter Ersatz auf Basis erneuerbarer Energien geschaffen wurde. An beiden Problemen wird das halbherzige „Bayerische Aktionsprogramm Energie“, das Hubert Aiwanger vor gut einem Jahr verkündet hat, nichts Grundlegendes ändern.

„Referenzszenario“

In dem von uns beauftragten Gutachten wird in einem „Referenzszenario“ die Entwicklung aufgezeigt. Dieses Szenario ist das, was man bei der aktuellen deutschen und bayerischen Energiepolitik erwarten kann. Die Ergebnisse sind für uns ernüchternd:

  • trotz eines deutlichen Zubaus von Photovoltaik werden fast 40% des Stroms importiert werden müssen,
  • in Winterwochen wird der Importbedarf sogar über längere Zeiträume (Tage/Wochen) weit über 50% liegen,
  • die CO2-Emissionen aus bayerischen Kraftwerken bleiben im Vergleich zu 2017 unverändert, dabei werden die CO2-Emissionen aus den Importen gar nicht berücksichtigt.

Dieses „business-as-usual“-Szenario halten wir für unverantwortlich: Unverantwortlich, weil damit Klimaschutzziele nicht eingehalten werden, aber auch, weil das hohe Ausmaß des Stromimports die Gefahr für Unregelmäßigkeiten im Stromnetz erhöhen.

Zu den vier untersuchten Möglichkeiten

1.    Szenario: Zusätzlich 2 GW Erdgaskraftwerke
Bei der ersten Möglichkeit wird zusätzlich zu den Annahmen des „Referenzszenarios“ ein weiterer Zubau von neuen Gaskraftwerken mit 2 GW Leistung unterstellt. Diese Alternative bringt eine Reduzierung der Stromimporte von 39 TWh auf 35 TWh und senkt damit die Importabhängigkeit geringfügig (vor allem in den Wintermonaten). Allerdings steigen die Klimagasemissionen aus der Stromversorgung um ca. 18% an!

2.    Szenario: Zusätzlich 3 GW Windenergie
Bei der zweiten Möglichkeit wird ein Zubau von 3 GW Windkraftanlagen in Bayern angenommen, das entspricht etwa einer Verdoppelung der aktuell bestehenden Windkraftleistung. Diese Möglichkeit führt zu einer ähnlichen Reduzierung der Importabhängigkeit (wie bei den Gaskraftwerken). Auch hier ist vor allem mit einer verstärkten Stromeinspeisung in den Wintermonaten zu rechnen. Aber natürlich sind damit keine zusätzlichen Treibhausgasemissionen verbunden.

3.    Szenario: Zusätzlich 2 GW Erdgas und 3 GW Windenergie
In dieser Berechnung werden die 1. und die 2. Möglichkeit kombiniert: Die Importabhängigkeit sinkt auf 30 %, aber die Treibhausgasemissionen steigen wie bei der 1. Möglichkeit um 18%.

4.    Szenario: Zusätzlich 6 GW Wind und 20 GW Photovoltaik, dafür ohneErdgaskondensationskraftwerke
Dieses „EE-Ausbauszenario“ geht dann in der Summe etwa von einer Verdreifachung der Windenergie und einer Vervierfachung der Photovoltaikanlagen in Bayern in den kommenden 15 Jahren (9,2 GW Wind, 51,1 GW Solar) im Vergleich zur heutigen Situation aus. Parallel dazu werden die („Referenzszenario“) neuen eingeführten Gaskraftwerke hier im Jahr 2035 nicht mehr am Markt teilnehmen.

Die Ergebnisse der Studie zeigen:
  • damit wäre wenigstens eine kleine Reduktion der Treibhausgase (um 18%) erreicht,
  • Stromimporte und Stromexporte wären zwar über das Jahr etwa ausgeglichen, aber würden weiterhin zu hohen Importen vor allem im Winter und zu hohen Exporten im Sommer führen,
  • darum wäre es vermutlich sinnvoll die stillgelegten Gaskraftwerke als Netzreservekraftwerke zu erhalten.
Schlussfolgerungen für Bayern:
  1. Bayern wird noch lange Stromimportland sein, aber die Abhängigkeit muss und kann deutlich verringert und damit die Versorgungssicherheit erhöht werden.
  2. Die Windkraft muss zum zentralen Schwerpunkt des Ausbaus der Erneuerbaren in Bayern werden. Eine einseitige Orientierung auf einen massiv forcierten Ausbau der Photovoltaik ist nicht ausreichend. Wir brauchen ein vernünftiges Verhältnis zwischen Windkraft und Photovoltaik auch in Bayern, wenn wir eine klimafreundliche Stromversorgung mit geringerer Stromimportabhängigkeit erreichen wollen.
  3. Der weitere Ausbau der Photovoltaik ist selbstverständlich sinnvoll, aber es muss mehr voraus gedacht werden. In Bayern wird dies schon in den nächsten Jahren zu weiter zunehmenden Stromexporten in sonnenreichen Stunden führen und die Netze weiter belasten.
  4. Das Potenzial für Kurzzeitspeicherung der Photovoltaiküberschüsse muss verstärkt aufgebaut werden. Dabei sollten auch Pumpspeicherkraftwerke weiter mitgedacht werden. Parallel soll eine verstärkte Ost-West-Ausrichtung der PV-Anlagen unterstützt werden, um Mittagsspitzen zu senken und die Solarstromproduktion am Morgen und Abend zu erhöhen.
  5. Der aktuell geplante Ausbau der Übertragungsnetze ist sowohl aus Import- wie aus Exportgründen, wie auch aus Gründen der Netzstabilität sinnvoll.
  6. Die Flexibilisierung der Biogasanlagen soll in den nächsten Jahren weiter forciert werden.
  7. Neben dem Ausbau der Erneuerbaren Energien zur direkten Stromversorgung ist für die nächsten Jahre die Dekarbonisierung der KWK-Anlagen ein zentrales Aktionsfeld.
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