Rückschlag für Atomkraft: Kostenexplosion und Verzögerungen bei Projekten

Der Bau des Atomkraftwerks Hinkley Point C in Großbritannien hat erneut einen Rückschlag erlitten und verdeutlicht, dass Atomkraft mittlerweile nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Die Investor:innen des Projekts in England sehen sich mit erheblichen ungeplanten Kosten konfrontiert, die von einem wichtigen Investor abgelehnt werden. Selbst die britische Regierung hat signalisiert, dass sie nicht bereit ist, die zusätzlichen Kosten zu tragen. Die Kosten steigen, die Eröffnung verzögert sich.

Bildquelle: Pixabay

Der seit Jahren laufende Bau des AKW Hinkley Point C in Südengland leidet an erheblicher Kostenüberschreitung. Diese führt nun dazu, dass der chinesischer Nuklearkonzern China General Nuclear Power Group (CGN) beschlossen hat, keine weiteren Investitionen in das Projekt zu tätigen. Die CGN ist Juniorpartner des französischen Stromkonzerns EDF, dem einzigen großen Planer der übrig gebliebener westeuropäischen Atomfirmen. Auch die britische Regierung hat verdeutlicht, dass sie keine zusätzlichen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen wird. Ein Problem, das die bereits stark verschuldete EDF in eine noch schwierigere Lage versetzen dürfte. Die Schulden von EDF liegen aktuell bei rund 65 Milliarden Euro. Hinkley Point C könnte diese nun noch weiter nach oben treiben. Doch nicht nur die Baukosten nehmen zu. Auch die Anfangsstrompreise aus dem neuen Kernkraftwerk werden voraussichtlich erheblich über 15 ct/kWh liegen, Tendenz steigend. 

Kostenexplosionen: Atomkraft in der Krise  

Ursprünglich sollte der Doppelreaktor in Hinkley Point im Südwesten Englands etwa 21 Milliarden Euro kosten. Inzwischen gehen jüngste Schätzungen Anfang 2023 bereits von etwa 38 Milliarden Euro aus, diese könnten in Zukunft noch weiter steigen. Ebenso wird sich die geplante Eröffnung des Reaktors im Juni 2027 ebenfalls weiter verzögern. Ein britischer Regierungsvertreter erklärte gegenüber der Financial Times, dass der Bau des Doppelreaktors auf einem kommerziellen Vertrag beruht, an dessen Finanzierung die britische Regierung sich nicht beteiligen wird. Wenn London jedoch bei dieser Haltung bleibt, wird EDF die zusätzlichen Kosten wahrscheinlich durch eine noch höhere Verschuldung tragen müssen. Ein Insider aus der Atomindustrie kommentierte, es werde "kompliziert" sein, in diesem Stadium andere Investor:innen für das Projekt zu finden. Welche:r Investor:in möchte schließlich in ein Projekt mit unkalkulierbaren Kosten und ungeplanter Dauer investieren? 

EDF spielt eine entscheidende Rolle in der britischen Energiepolitik, die neben erneuerbaren Energien auch auf Atomkraft als Teil des Klimaschutzplans setzt. Bereits seit Mitte der 2000er Jahre gab es Pläne zum Bau neuer Reaktoren, aber die Suche nach inländischen Investor:innen war erfolglos. Erst als London eine deutlich über dem Marktpreis liegende Strom-Einspeisevergütung garantierte, waren EDF und CGN bereit, in das Projekt des französischen AKW-Typs EPR einzusteigen. Ohne den Bau neuer Atomkraftwerke wird die Kraftwerkkapazität Großbritanniens aufgrund der anstehenden Stilllegung alter Reaktoren in den nächsten zehn Jahren stark abnehmen. Hinkley Point verdeutlicht einmal mehr, dass die Finanzierung von AKWs ohne hohe staatliche Unterstützung kaum gewährleistet werden kann. Kosten, die indirekt von den Steuerzahler:innen getragen werden müssen.  

Die Probleme rund um den Bau des AKWs in England sind jedoch lange kein Einzelfall. In Westeuropa hält vor allem Frankreich seit Jahren an der Atomkraft fest. Wenn wir jedoch die Entwicklungen der letzten Jahre in unsrem Nachbarland genauer betrachten, sehen wir ein Paradebeispiel, wieso wir auf keinen Fall in Atomkraft investieren sollten. Das Beharren auf Atomstrom ist nicht nur eine Gefahr für unsere Umwelt, sondern auch für unsere Wirtschaft und Stromversorgung. 

Herausforderungen der französischen Atompolitik: Kostensteigerungen und Strompreise in Europa 

Die Preise für teuren Atomstrom werden seit Jahren künstlich vom französischen Staat niedrig gehalten. Frankreich hatte in den letzten Jahren große Herausforderungen bei der Stromversorgung, da es etwa 70 Prozent seines Stroms aus Atomkraft erzeugt. Bereits jetzt sind mehr als ein Drittel der französischen Atomkraftwerke häufig außer Betrieb und auch in den kommenden Jahren werden viele veraltete AKWs teuer renoviert werden müssen. Zudem haben sich die Uranpreise in den letzten Jahren bereits verdoppelt. Auf den französischen Staat kommen Kosten in Milliardenhöhe zu - gleichzeitig verfehlt Frankreich seine Ziele im Bereich erneuerbare Energien und verschläft die Energiewende. Expert:innen prognostizieren, dass die Kernenergie in Frankreich knapp und teurer wird. Frankreich würde dann mehr Strom vom europäischen Markt einkaufen. Bereits seit 2015 importiert Frankreich mehr Strom aus Deutschland als es exportiert. Auch wenn die Bilanz von Im- und Exporten zwischen Frankreich und Deutschland im Jahre 2023 ziemlich ausgeglichen war, hat im Vorjahr 2022 der massive Ausfall der französischen AKWs die europäischen Strompreise stark nach oben getrieben. Eine einfache Rechnung – die steigende Nachfrage sorgt für erhöhte Strompreise, was schließlich auch deutsche Haushalte und Unternehmen betreffen kann.  

Lange waren niedrigen Strompreise ein Argument für die Kernkraft in Frankreich. Doch durch veraltete Reaktoren, teuren Sicherheitsupgrades und Wartungskosten, aber auch durchzunehmende Kühlwasserprobleme in heißen Sommern sowie den steigenden Preisen für Uran sind diese schlichtweg nicht zukunftsfähig. Auch von einer Klimaneutralität sind die Reaktoren weit entfernt, wenn man die gesamte Kette der Rohstoffgewinnung und die Entsorgung betrachtet - wobei wir noch immer keine Lösung haben, wie wir den gefährlichen Atommüll endgültig einlagern können.  Auf dem Energiemarkt ist sie ohne staatliche Subventionen nicht mehr konkurrenzfähigauch Frankreich sieht das mehr und mehr ein und setzt verstärkt auf Offshore Windkraft. Und auch weitere europäische Länder wie Spanien erkennen das und steigen nun endgültig aus der Atomkraft aus. Das Argument, Deutschland würde als einziges Industrieland nicht auf Atomkraft setzten, ist schlichtweg nicht wahr. In Deutschland haben die erneuerbaren Energien im Jahr 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Gleichzeitig sind die Großhandels-Strompreise im Dezember 2023 auf den niedrigsten Stand seit Mai 2021 gesunken.  

Wir sehen ganz klar - den erneuerbaren Energien gehört die Zukunft.  

 

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