Ein Energieprozess mit sehr hoher Effizienz, mit dem aus Biomasse und Biomassereststoffen Pflanzendünger, klimaneutrales Gas und Wärme gewonnen werden kann. Dank des Förderprogramms „Renewable Ideas“ von Wirtschaftsminister Robert Habeck gibt es in Bayern eine Pilotanlage, die genau so arbeitet. Weitere Anlagen sollen bald in ganz Deutschland folgen. Die Pyrolyse hat großes Potenzial für den Klimaschutz. Die Pilotanlage läuft. Die Anlagentechnik kann nun ihre Wirtschaftlichkeit in hoffentlich vielen Projekten unter Beweis stellen.
Auf Einladung von Herrn Ley, Geschäftsführer des oberfränkischen Start-ups green innovations war ich gemeinsam mit meinem Kollegen Cemal Bozoglu in Marktoberdorf zu Gast, um die Pyrolyse-Pilotanlage zu besichtigen. Sie ergänzt dort eine bestehende Biogasanlage und ein Nahwärmenetz.
Die Anlage wurde in Kooperation mit der Firma autarkizeentwickelt – einem weiteren jungen Unternehmen, das die Technik zur Serienreife bringen will. Die Pyrolyse wandelt Holz oder andere Biomassestoffe nicht einfach durch Verbrennung in Wärme um, sondern spaltet sie in einem speziellen Prozess in Gas und Pflanzenkohle auf. Das dabei entstehende Gas kann vielfältig genutzt werden, zum Beispiel zur Wärmeversorgung in einem Nahwärmenetz.
Natürlich muss das Anlagenkonzept jetzt zeigen, dass es auch langfristig stabil und wirtschaftlich arbeitet. Ich bin aber davon überzeugt, dass der aktuelle Entwicklungsstand vielversprechend ist. Daher bin ich zuversichtlich, dass diese Technologie nun endlich Durchbruch schafft und einen wertvollen Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasen leisten kann.
Pyrolyse ist hocheffizient und kann dazu beitragen, Treibhausgasemissionen zu senken und die Energiewende voranzutreiben. Das ist alles nicht neu. Schon 2017 war ich zu dem Thema beim Frauenhofer Institut in Sulzbach-Rosenberg. Schade, dass es so lange dauert, bis die Technologie umgesetzt und angenommen wird.
Pyrolyse mit Biomasse:
Pyrolyse ist ein innovatives Verfahren, bei dem Biomasse oder Biomassereststoffe in einem sauerstoffarmen Prozess auf 400-700 °C erhitzt werden. Dabei entstehen klimaneutrales Gas, Pflanzenkohle und Wärme. Das spannende dabei ist, dass ein großer Teil des Kohlenstoffs in der Pflanzenkohle landet. Dort ist er sehr fest gebunden. Wird diese Kohle z.B. auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht, trägt sie durch ihre sehr große Oberfläche (vergleichbar Aktivkohle - Anlagerung Nährstoffe, höhere Wasserspeicherung...) zur Bodenverbesserung bei und gibt aber nur sehr sehr langsam den Kohlenstoff wieder in den Kreislauf.Für den Einsatz von Pflanzenkohle können CO2 Zertifikate gehandelt werden.
In vielen Kreisläufen gibt es gute und sinnvolle Ansätze zur Produktion und Verwendung von Pflanzenkohle, wie bspw. in diesem Projekt zur Nutzung der Abfälle im Botanischen Garten in Berlin unter anderem als Ersatz für andere (torfhaltige) Pflanzsubstrate: https://terraboga.de/
Potential der Kohlenstoff Abscheidung
In einer Studie des Mercator Research Instituteaus dem Jahr 2021 habe ich auf Seite 22 folgende Passage gefunden:
"Laut Schmidt et al. (2019) kann durch Pyrolyse 30-43% des Kohlenstoffgehalts der Biomasse in stabile Pflanzenkohle abgeschieden werden. Perspektivisch könnte auch das im Prozess anfallende Öl einer langfristigen Speicherung zugeführt werden, wodurch sich die Abscheidungsrate auf 74% erhöhen würde. Im hypothetischen Fall, dass das gesamte aktuell verfügbare lignocellulose Biomassepotential zur Herstellung von Pflanzenkohle verwendet würde, könnten 38 MtCO2 aus Reststoffen plus Scheitholz (0,885 EJ) und zusätzlich 18 MtCO2 bei Verwendung der Anbaubiomasse (aktuell 0,426 EJ) abgeschiedenwerden. Bei zusätzlicher, langfristiger Speicherung des Öls könnten sogar 65 MtCO2 aus Reststoffen und 32 MtCO2 aus Anbaubiomasse abgeschieden werden. Würden 0,2 EJ Biomasse für die Produktion stabilerPflanzenkohle verwendet werden, könnten 9 MtCO2, bei zusätzlicher langfristiger Speicherung des Öls sogar 15 MtCO2 abgeschieden werden..."
In der Studie wird auch von der vieseitigen Anwendung von Pflanzenkohle gesprochen. Sie kann z.B. auch im Baubereich Beton beigemischt werden. Dadurch wäre eine sehr lange Bindung gegeben.
Diese Hochrechnung von Potentialen ist natürlich sehr hypothetisch. Wir werden nicht alles Holz in Pyrolyse Anlkagen stecken. Aber sie zeigt das technische Potential. Wir haben auch in Deutschland nicht sehr große Mengen an Biomasse , die nicht genutzt wird (ausser vielleicht Klärschlamm - hier jedoch mit dem Problem der Kontamination). Das UBA hat dies in einer Studie 2019 untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass Rest- und Abfallstoffe in ihrer Menge begrenzt und größtenteils bereits sinnvoll genutzt werden.
Weitere Literatur zu Pflanzenkohle
Eine detaillierte Übersicht der Chancen und Risiken des Einsatzes von Biokohle findet sich auch in dieser Studie, die vom UBA beauftragt wurde. Weitere Informationen finden sich auch in den Untersuchungen des Joint Research Center der EU-Kommission:
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0167880911003197
https://esdac.jrc.ec.europa.eu/ESDB_Archive/eusoils_docs/other/EUR24099.pdf
Es wird auf jeden Fall Zeit dass die Pyrolyse-Technik aus den Kinderschuhen wächst. Und es wird Zeit, dass wir über die Vielzahl der Möglichkeiten zur Kohlenstoff-Abscheidung diskutieren.