Castor-Transport nach Niederaichbach: Mehr Ehrlichkeit statt Symbolpolitik

Der Castor-Rücktransport nach Niederaichbach rollt seit Mittwoch, 2.4, 21:50 Uhr. Aber die Sicherheit des veralteten Zwischenlagers BELLA ist weiter unzureichend geprüft und ein Endlager wird auf absehbare Zeit nicht bereitstehen. Die sieben Castoren mehr, machen keinen großen Unterschied. Statt populistischer Symbolpolitik um sieben zusätzliche Behälter braucht es endlich eine ehrliche Debatte über Langzeitlagerung, Sicherheitsstandards und Bayerns Verantwortung für den eigenen Atommüll.

Bildquelle: KI generiert, März 2025

In den kommenden Tagen wird voraussichtlich hochradioaktiver Atommüll, der aus Bayern in die britische Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield verbracht wurde, wieder nach Niederaichbach zurückgeführt. Ein Schritt, der von Anfang an so vereinbart war. Doch statt sich mit den eigentlichen Problemen der Zwischenlagerung zu befassen, wird von FW und CSU vor Ort Stimmung gegen den Transport gemacht. Dabei geht es nicht um 7 zusätzliche Castoren, sondern um grundsätzliche Fragen: Wie sicher ist das Lager wirklich? Und wie lange kann dort gelagert werden? Wie lässt sich der Widerstand der Staatsregierung eigentlich mit ihrem Wunsch nach einer Rückkehr zur Atomkraft vereinbaren? 

 

Sicherheit entscheidet – nicht die Anzahl der Castoren 

Aktuell lagern in Niederaichbach 88 Castoren mit hochradioaktivem Atommüll. Mit weiteren 27 aus dem Abklingbecken von Isar II und dem nun anstehenden Rücktransport aus Großbritannien steigt die Zahl auf 122. Doch die Debatte um 115 oder 122 Castoren ist reine Symbolpolitik. Die zentrale Frage lautet: Ist das Zwischenlager BELLA ausreichend gegen moderne Bedrohungen geschützt – oder nicht? 

Denn das Lager wurde vor fast 20 Jahren genehmigt – zu einer Zeit, als Sicherheitsanforderungen noch ganz andere waren. Heute wären gezielte Anschläge mit panzerbrechenden Waffen oder ein Absturz eines großen Flugzeugs denkbare Risiken. Und während sich die Waffentechnologie massiv weiterentwickelt hat, ist die Sicherungstechnik des Lagers weitgehend auf dem Stand von damals geblieben. 

Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Anlage in Brunsbüttel zeigt: Sicherheitsfragen wurden vielerorts nicht ausreichend geprüft – mit dramatischen Folgen für die Genehmigungsgrundlage. Für BELLA gilt: Eine gründliche sicherheitstechnische Neubewertung ist längst überfällig. 

 

Zwischenlager auf Zeit? Realitätscheck dringend nötig 

Sowohl das Lager als auch die Castor-Behälter sind nur für 40 Jahre genehmigt. Doch es ist heute schon absehbar, dass ein Endlager bis dahin nicht zur Verfügung stehen wird. Es braucht daher eine ehrliche Debatte: Wie lange sollen die Castoren tatsächlich in Niederaichbach bleiben? Was passiert nach Ablauf der Genehmigung? Halten Behälter und Halle das aus? Und was passiert im Inneren der Behälter über Jahrzehnte hinweg? 

Die bisherigen Antworten darauf sind vage. Zwar gibt es Forschungsprogramme der BGZ, doch unabhängige Expert*innen – wie in den Studien von Oda Becker oder im Auftrag von ausgestrahlt – weisen seit Jahren auf erhebliche Wissenslücken und unzureichende Langzeiterfahrungen hin. Die Politik muss sich dieser Realität stellen – statt weiter auf Zeit zu spielen. 

 

Atomtransporte sind heikel – aber in diesem Fall gerechtfertigt 

Denn: Die Transporte von hochradioaktivem Atommüll sind nicht ohne Risiko. Auch wenn sie mit höchsten Sicherheitsvorkehrungen ablaufen, bleibt ein Restrisiko – sei es durch technische Unfälle, Strahlung oder mögliche Anschläge. Das macht die Besorgnis vieler Menschen nachvollziehbar. 

Aber: Dieser Transport ist Teil eines klaren internationalen Vertrags. Bayern hat nicht nur ein Viertel des deutschen Atommülls produziert, sondern in der Vergangenheit über 1.600 Tonnen davon ins Ausland verschoben. Jetzt geht es darum, den eigenen Müll wieder zurückzunehmen – so, wie es bereits Baden-Württemberg und Hessen getan haben. 

Die Kritik von FW-Landrat Dreier und CSU-Bürgermeister Klaus ist daher scheinheilig: Als Atommüll jahrzehntelang aus den AKWs Isar I und II abtransportiert wurde, sah man keinen Grund zur Aufregung. Erst jetzt, wo die Rücknahme ansteht, wird die Transportgefahr plötzlich zum politischen Aufreger – ein durchschaubares Manöver, das mit Verantwortung wenig zu tun hat. 

 

Endlagersuche duldet keinen Aufschub – auch Bayern muss Verantwortung übernehmen 

Vor allem muss die Endlagersuche endlich vorangetrieben werden – und zwar auch und insbesondere durch den Bayerischen Ministerpräsidenten. Es ist nicht hinnehmbar, dass Markus Söder auf der einen Seite eine Rückkehr zur Atomkraft ins Spiel bringt und damit neue Mengen hochgefährlichen Atommülls billigend in Kauf nimmt, sich auf der anderen Seite aber jeder Verantwortung für die Lagerung entzieht. Der aktuelle Castor-Transport macht deutlich: Bayern trägt einen erheblichen Anteil an der deutschen Atommüllproblematik und kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Der Ministerpräsident ist gefordert, sich klar und aktiv für eine sichere, verantwortungsvolle Endlagersuche einzusetzen. Die Proteste gegen Atomkraft verlaufen derzeit noch weitgehend friedlich – getragen vom bisherigen politischen Konsens zum Atomausstieg. Sollte dieser Konsens jedoch durch die Bundesregierung infrage gestellt werden, droht eine tiefe gesellschaftliche Spaltung. 

 

Fazit: Ehrliche Debatte statt populistischer Symbolpolitik 

Der bevorstehende Transport nach Niederaichbach ist nicht das Kernproblem – das ist die unzureichende Sicherheitslage der Zwischenlager und das Ausbleiben eines Endlagers. Wer wirklich etwas für die Menschen in der Region tun will, setzt sich ein für eine Modernisierung der Lagerinfrastruktur, transparente Kommunikation und verbindliche Zeitpläne für die Endlagerfrage. 

Was wir nicht brauchen, ist eine Scheindebatte über sieben Castoren – wir brauchen stattdessen eine Politik, die Verantwortung übernimmt: für Sicherheit, für Gerechtigkeit und für eine konsequente Aufarbeitung des atomaren Erbes. 

 

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Update: (04.04.2025)

Um 9:30 Uhr ist der Castortransport durch Ansbach gefahren, weiter nach Treuchtlingen. 

 


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