11 Änderungsanträge zum Entwurf des Bayerischen Klimaschutzgesetzes

Mit unseren Anträgen zum unzureichenden Entwurf der bayerischen Staatsregierung für ein Klimaschutzgesetz haben wir versucht „zu retten was zu retten ist“. Doch die Söder-Regierung ignorierte sämtliche Verbesserungsvorschläge.

 

©Bild: Grüne Fraktion Bayern

Ministerpräsident Markus Söder verspricht mit seinem Klimagesetz, dass Bayern damit „Pionier und Vorbild“ bei der Bewahrung der Schöpfung sein wird. Doch nach dem Gesetzentwurf der Staatsregierung macht sich  Ernüchterung breit. Nicht nur bei der Grünen Landtagsfraktion, sondern auch bei zahlreichen Verbänden, Unternehmen und in den Kommunen. Sie haben teils umfangreiche Stellungnahmen zum Gesetzentwurf abgegeben. Auch eine von uns beantragte Anhörung zum vorgelegten Entwurf des Klimaschutzgesetzes am 25.9.2020 zeigte eine eindeutige Expertenmeinung: Ohne konkrete Zielvorgaben zur Senkung des CO2-Ausstoßes in den einzelnen Sektoren und ohne ein regelmäßiges Monitoring der Zahlen, ist dieses Klimaschutzgesetz ein zahnloser Tiger.

Doch all die Anregungen und Stellungnahmen wurden allesamt nicht berücksichtigt.

Ein Klimaschutzgesetz muss ein wirkungsvolles Instrument für die Klimapolitik des Freistaates sein. Dazu wollen wir mit unseren 11 Änderungs-Anträgen beitragen. Unsere Anträge können aber nur an der Vorlage der Bayerischen Staatsministerium „herumdoktern“. 

Wie ein wirkungsvolles Klimaschutzgesetz aber vom Grunde her sein sollte, das haben wir mit einem selbst vorgelegtem Grünen Entwurf für ein Klimagesetz für Bayern schon im Juli 2019 gezeigt. Der innovative Gesetzentwurf ist in Zusammenarbeit mit dem renommierten 'Hamburg Institut' ausgearbeitet worden. Das 'Hamburg Institut' hat in der Vergangenheit unter anderem die Regierungen in den Ländern Schleswig-Holstein, Thüringen und Baden-Württemberg bei der Erstellung von Klimaschutzgesetzen beraten.

Doch leider wurde dieser Antrag – wie so viele – abgelehnt. 

→ Hier zum nun vorliegendem Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung

Erläuterungen zu unseren 11 Änderungsanträgen:


Artikel 1 Auftrag und Verantwortung

Unser Antrag hat vier wesentliche Punkte:

  • Wir wollen mit der Nennung des 1,5°-Ziels etwas deutlicher werden, als nur vom „Pariser Klimaabkommen“ zu sprechen, dass ja ein „möglichst“ vor das 1,5°-Ziel gesetzt hat.
  • Wir wollen den Begriff „angemessenen Beitrag“ konkretisieren indem wir Bezug auf die Generationengerechtigkeit und die internationale Gerechtigkeit nehmen.
  • Wir wollen (mit Satz 5) die Handlungskompetenzen der Staatsregierung in dem Gesetz deutlicher benennen, weil insbesondere in der Begründung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung die Handlungsmöglichkeiten deutlich heruntergespielt werden und die Staatsregierung vorgibt, dass die größten Handlungsmöglichkeiten im Bereich der Staatsverwaltung liegen würden.
  • Weil unter der Überschrift Auftrag und Verantwortung letztlich wenig konkretisiert wurde, haben wir in Satz 6 noch die Forderung nach verbindlichen Reduktionszielen aufgenommen. Diese wird zwar in Art. 2 noch konkretisiert, aber gehört für uns zum Thema Auftrag und Verantwortung.

→ Antrag zu Art. 1; Drs. 10285 

 

Artikel 2 Minderungsziele

  • Die Staatsregierung nennt widersprüchlich Ziele (-55 % bzw. unter 5 t CO2 pro Kopf) bis 2030. Mittelfristige Reduktionsziele sind nicht hilfreich, es kommt auf die realen Emissionen im Zeitraum dazwischen an. Das kann nur über einen Budgetansatz erfolgen. Wir beantragen daher die Zielsetzung nach dem Budgetansatz zu ermitteln und kommen dabei auf wesentlich höhere Ziele, nämlich 2,5 t/Kopf bis 2030 in möglichst stetigen Schritten ab sofort.
  • In Absatz 2 fordern wir das Jahr der Erreichung der Klimaneutralität von 2050 auf 2040 vorzuziehen.
  • In Absatz 3 wollen wir die Verbindlichkeit der Zielsetzung sowie die Umsetzung in Sektorenziele regeln und fordern verbindliche Zwischenziele (im 5-Jahreszeiträumen) um so den Budgetgedanken konkreter zu fassen.
  • In Absatz 4 wollen wir mit der Änderung die Ausweitung von der Quellenbilanz zur Verursacherbilanz erreichen, dass wir eben auch die Emissionen erfassen, die von Bayern aus verursacht werden, die aber nicht in Bayern stattfinden, z.B. Stromimporte, aber perspektivisch eben auch Warenimporte.
  • In Absatz 5 wollen wir die Verwirklichung der Klimaschutzziele vom Bereich der Energiepolitik auch auf die Bereiche Ressourcenschutz und Kreislaufwirtschaft ausweiten.
  • In Absatz 6 wollen wir durch eine Anpassungsklausel regeln, dass verschärfte Klimaziele auf europäischer bzw. deutscher Ebene geprüft werden sollen, ggf. zu veränderten Zielen im Bayerischen Klimaschutzgesetz führen.

→ Antrag zu Art. 2; Drs. 10286

 

Art. 3 Vorbildfunktion des Staates

  • In Absatz 1 wollen wir die Vorbildfunktion auf alle Liegenschaften erweitern: um die Liegenschaften, die nur im Besitz des Freistaats sind (aber nicht im Eigentum) und auf die Gebäude und sonstigen Einrichtungen des Freistaats.
  • In Absatz 2 wollen wir die Bildungstätigkeit erweitern und fordern aktive Unterstützung der freien Umweltbildung für Projekte zur Stärkung des Klimabewusstseins.
  • In Absatz 3 formulieren wir den Anspruch, dass auch kommunale Gebietskörperschaften der Vorbildfunktion nachkommen sollen und erklären Klimaschutz und Klimaanpassung als Teil der Daseinsvorsorge der Gebietskörperschaften.
  • In Absatz 4 haben wir die Vorbildfunktion des Staates in einigen Punkten konkretisiert: Bei Beschaffungsleitlinien und Vergabeentscheidungen, bei Planungs- und Abwägungsentscheidungen, bei der Landes- und Regionalplanung für EE-Flächen (Erneuerbare Energien).

→ Antrag zu Art. 3; Drs. 8571

 

Art. 4 Kompensation von Treibhausgasen

  • In Absatz 1 formulieren wir, dass Kompensationsmaßnahmen möglichst frühzeitig eingeleitet werden sollen, damit die Kompensationswirkung, die sich in der Regel erst später entfaltet (z.B. Baumwachstum), ab 2030 angerechnet werden kann.
  • Weiterhin wollen wir die Kompensationsmaßnahmen vorrangig in Bayern, aber auf alle Fälle in Deutschland durchgeführt sehen. 
  • Im Absatz 2 stärken wir die Position des Landesamts für Umwelt (LfU): die Eignung, Prüfung und Bewertung von Kompensationsmaßnahmen wird zur Aufgabe des LfU erklärt (statt einer unverbindlichen Kann-Formulierung), ebenso die Entwicklung und die Überprüfung der Wirksamkeit von Maßnahmen.

→ Antrag zu Art. 4; Drs. 10287

 

Art. 5 Klimaschutzprogramm und Anpassungsstrategie

  • In Absatz 1 wollen wir die Verbindlichkeit der Maßnahmen erhöhen, einen festen Rhythmus für die Fortschreibung des Klimaschutzprogramms und der Anpassungsstrategie von 2 Jahren festlegen, eine Öffentlichkeitsbeteiligung realisieren und wir legen die wesentlichen Inhalte des Klimaschutzprogramms und der Anpassungsstrategie fest. Damit nicht wieder ein "96-Maßnahmen-Paket" als Klimaschutzprogramm verkauft werden kann.
  • In Absatz 2 machen wir für Landkreise und Kommunen mit mehr als 10 000 Einwohnern die Aufstellung von lokalen/regionalen Klimaschutzprogrammen und Anpassungsstrategien verpflichtend, die alle 2 Jahre fortzuschreiben sind. In diesem Zusammenhang ist in den betroffenen Gebietskörperschaften jeweils mindestens eine Vollzeitstelle zu schaffen.

→ Antrag zu Art. 5; Drs. 8573

 

Art. 6 Staatliche Zuwendungen

Die vorgeschlagene Regelung ist uns zu lasch: Es sollen Ziele der Zuwendung mit den Minderungszielen abgewogen werden. Wir wollen die Staatsregierung verpflichten, dafür Sorge zu tragen, dass die Ziele des Gesetzes unterstützt werden.

→ Antrag zu Art. 6; Drs. 8574

 

Art. 7 Klimabericht

Wir wollen einen wesentlich umfassenderen Bericht und wollen den Inhalt ergänzen um die Emissionszahlen nach dem Verursacherprinzip:  Um die veränderten Rechtsverordnungen, Fördermittel-Richtlinien und Verwaltungsvorschriften, um die Umsetzung des Klimaprogramms und der Anpassungsstrategie und um deren Wirksamkeit und Effizienz und um Vorschläge für die Nachsteuerung. Unserer Meinung nach soll der Bericht jährlich erstellt werden, und nicht alle zwei Jahre.

→ Antrag zu Art. 7; Drs. 10288

 

Art. 8 Bayerischer Klimarat

  • Wir ändern die Überschrift in „Bayerischer Klimarat und Bayerischer Klimabeirat“, weil wir zwei Gremien haben wollen: ein Wissenschaftsgremium und ein zivilgesellschaftliches Gremium.
  • In Absatz 1 wandeln wir die Kann-Bestimmung in eine Muss-Bestimmung um: der Klimarat muss berufen werden und soll sich nur aus Vertreter*innen der Wissenschaft zusammensetzen. Andere gesellschaftliche Gruppen werden in einem anderen Gremium zussammengefasst. (s.u.)
  • In Absatz 2 streichen wir den Vorsitz, der im Regierungsentwurf beim Umweltminister liegt. 
  • In Absatz 3 geben wir dem Klimarat selbst das Recht seine*n Vorsitzende*n zu wählen.
  • In Absatz 4 weisen wir dem Klimarat eine zentrale Aufgabe zu: eine Stellungnahme zum Bericht der Staatsregierung über den Stand des Klimaschutzprogramms und der Anpassungsstrategie und Empfehlungen zur Nachsteuerung.
  • In Absatz 5 und 6 regeln wir die Einrichtung eines Klimabeirats. In ihm sollen die wichtigsten gesellschaftlichen Gruppen vertreten sein. Er soll die Empfehlungen des Klimarats bewerten.

→ Antrag zu Art. 8; Drs. 10289

 

Art. 9a Änderung des Bayerischen Klimaschutzgesetzes

In einer reichlich umständlichen Konstruktion wird hier in Verbindung mit Art. 11 Satz 1 geregelt, dass die Klimaberichterstattung erst ab 2025 auch den Stand der Umsetzung des Klimaberichts und der Anpassungsstrategie enthält. Das wollen wir nicht. Daher beantragen wir die Aufhebung des Artikels 9a, sowie eine entsprechende Änderung in Art 11.

→ Antrag zu Art. 9a; Drs. 8577

 

Art. 9b Änderung weiterer Rechtsvorschriften

In diesem Artikel wollen wir einen Absatz 7 anfügen und damit die 10H-Regelungen in der Bayerischen Bauordnung (dort Art 82 und 83 Abs1) wieder aufheben.

→ Antrag zu Art. 9b; Drs. 10290

 

Art. 10 Ausschluss der Klagbarkeit

Dieser Artikel schränkt einerseits die Klagbarkeit explizit aus und stellt alle finanzwirksamen Maßnahmen unter den Haushaltsvorbehalt. Wir wollen den Artikel streichen, weil er dem Gesetzentwurf den letzten Rest an Verbindlichkeit raubt.

→ Antrag zu Art. 10;  Drs. 8578

 

Update 15.10.20 - Stellungnahme nach der Behandlung im Umweltausschuss, in dem alle Änderungsanträge abgelehnt wurden.

Die heutige Beratung im federführenden Umweltausschuss zu einem Bayerischen Klimaschutzgesetz kommentiert der Sprecher für Energie und Klimaschutz, Martin Stümpfig: 
„Die Söder-Regierung ignoriert sämtliche Anregungen und Verbesserungsvorschläge zum Klimaschutzgesetz. Nachdem schon die Empfehlungen der Verbände, der Expertinnen und Experten in der Anhörung zu einem Bayerischen Klimaschutzgesetz in den Wind geschlagen wurden, wurden heute auch alle Änderungsanträge der Opposition abgelehnt. Das Gebaren der schwarz-orangen Landesregierung grenzt an Realitätsverlust und ist eine schallende Ohrfeige für alle, die auf echten Klimaschutz gehofft hatten. Mit diesem zahnlosen Klimagesetz steuert die Söder-Regierung auf eine drei Grad überhitzte Welt zu. Wir müssen den Herausforderungen der Erdüberhitzung – Dürren, Hitzewellen, Starkregen – mit einem starken und wirksamen Klimaschutzgesetz begegnen. Dafür brauchen wir verbindliche Regeln, konkrete Projekte, eine Kontrollinstanz und eine Nachsteuerungsmöglichkeit.“
 

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