Für eine Migrations- und Asylpolitik der humanitären Vernunft

Der Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Wiesbaden vom 15. bis 17.11.24 zur Migrations- und Asylpolitik zeigt auf, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, in dem auch viele Menschen Schutz suchen und das vor große Herausforderungen gestellt wird. Mehr dazu hier auf meiner Homepage.

Bildquelle: Eigene Aufnahme

Ich begrüße es sehr, dass der Beschluss die Überforderung mancher Menschen nicht leugnet, aber dennoch klarstellt, dass wir Asyl- und Migrationspolitik so gestalten müssen, dass die Integration vor Ort gelingt und der Zusammenhalt in der Gesellschaft wieder gestärkt wird. Differenzierte, sachliche Antworten in der Migrationspolitik sind nicht immer populär, aber notwendig - Kompromisse müssen immer unter Beachtung der Menschenrechte und der rechtsstaatlichen Grundsätze geschlossen werden. 

Es ist Zeit für eine neue Asyl- und Migrationspolitik, eine die endlich funktioniert und Humanität und Ordnung verbindet 

Der Beschluss beruht auf sechs Säulen: 

1. Listen to the science 

Es soll beim Kanzleramt eine Expert*innengruppe aus Wissenschaft und Forschung, den Kommunen und Betroffenen eingerichtet werden, die wichtige Fragen der Migrationsdebatte wie z.B. „Was brauchen Kommunen konkret?“, „Wo und wie gelingt Integration am besten?“, „Welche Möglichkeit gibt es, Fluchtursachen zu bekämpfen, damit weniger Menschen zu uns fliehen müssen?“, berät und Antworten und Lösungswege aufzeigt. 

2. Internationale Zusammenarbeit vorantreiben 

Die Ursachen für Flucht und Migration müssen gemeinsam mit den Herkunfts- und Transitländern bearbeitet werden. Die wichtigsten Auslöser sind bewaffnete Konflikte und Verfolgung aus politischen, ethnischen oder religiösen Gründen, immer stärker die Klimakrise, fehlende wirtschaftliche Perspektiven und unwürdige Arbeitsbedingungen. Wir haben uns erfolgreich für das deutsche und europäische Lieferkettengesetz eingesetzt, um Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsstandards in unseren Lieferketten zu verankern. Wir setzen auch auf menschenrechtsorientierte und gerechte Migrationspartnerschaften. Mit Visaerleichterungen und Ausbildungspartnerschaften erhalten Partnerstaaten eine Aussicht auf sichere Migrationswege und garantieren im Gegenzug beispielsweise eine sichere Rückkehr ihrer Staatsangehörigen. Nur durch umfassende Abkommen kann die Akzeptanz für die Vereinbarungen, Rückführungen und geordnete und sichere Migration geschaffen werden. Aber: Bei Migrationsabkommen dürfen die Menschenrechte, das Völkerrecht, die Rechtstaatlichkeit und die Würde von Geflüchteten nicht auf dem Verhandlungstisch liegen. Deshalb setzen wir uns für Alternativen zu den bestehenden “Abkommen” mit Ländern wie Tunesien oder Libyen ein, die die Menschenrechte nicht achten und neue Fluchtursachen schaffen. Der Kriminalisierung der humanitären Hilfe an Land und der Seenotrettung stellen wir uns entgegen. 

3. Europäische Asylpolitik verbessern 

Im Mittelpunkt europäischer Asylpolitik steht der Mensch in seiner Würde und Freiheit – Menschenrechte sind unverhandelbar. Wir verteidigen das Grundrecht auf Asyl und unsere internationalen Verpflichtungen wie die Genfer Flüchtlingskonvention. Alle EU-Staaten müssen einen fairen Beitrag leisten. Asylanträge ankommender Geflüchteter müssen in der EU und nicht in Drittstaaten geprüft werden, denn immer wieder hat sich gezeigt, dass diese Initiativen am Ende viel Steuergeld kosten, vor Gerichten scheitern und von tatsächlichen Lösungen ablenken. Haftlager an den europäischen Grenzen lehnen wir ab, Kinder müssen kindgerecht untergebracht werden. Wir wollen, dass die neue EU-Asylreform nicht nur Fluchtmigration besser organisiert, sondern auch die Situation von Menschen auf der Flucht nach Europa nicht verschlechtert, sondern verbessert. Diese EU-Asylreform setzen wir um und kämpfen gegen eine Erosion des EU-Rechts. Der systematischen und rechtsstaatlichen Registrierung von Geflüchteten in den Außengrenzstaaten soll eine gerechte Verteilung der Geflüchteten auf die Mitgliedsstaaten folgen – nur so werden wir dauerhaft eine bessere Verteilung in Europa und rechtsstaatlich kontrollierte Außengrenzen sicherstellen können. 

4. Asylrecht verteidigen  

Um das Grundrecht auf Asyl zu schützen und die gesellschaftliche Akzeptanz zu stärken, müssen die Aufnahme von Schutzbedürftigen, die Steuerung und Ordnung von Migration, die wirksame Integration sowie sichere Rückkehr bei abgelehnten Asylgesuchen zusammengedacht und durchgesetzt werden. Hierfür soll die soziale Infrastruktur gestärkt werden. Ziel ist, dass die Menschen in ihren Heimatländern eine sichere Perspektive haben und nicht auf der Suche nach einem besseren Leben ihr Land verlassen müssen. Eine Obergrenze ist weder machbar noch rechtens oder human. Humanitäre Visa und Kirchenasyl müssen erhalten bleiben. 

5. Integration in Deutschland ermöglichen 

Migration braucht die entsprechende dauerhafte Infrastruktur in den Kommunen und den Ländern. Bessere Integration wird nur durch besser finanzierte Integrationsmaßnahmen wie Sprachkurse, dezentrale Unterbringung, staatlicher Infrastruktur wie Gerichten und Behörden gelingen. Jeder Mensch hat ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, dass die Bezahlkarte entsprechend ausgestaltet werden kann, haben wir in Hannover gezeigt (hier wurde die Bezahlkarte ohne Betragsbeschränkung ausgegeben, auch wenn dies nun mit der generellen Einführung der Bezahlkarte in Niedersachsen vermutlich hinfällig ist oder zwei Systeme parallel bestehen werden. Immerhin gibt es in Hannover keine geografischen Einschränkungen, keinen Ausschluss bestimmter Waren und Dienstleistungen, auch online einkaufen ist möglich). Unser Ziel ist bessere Planbarkeit für Kommunen - Wir setzen uns für rechtssichere, zügige und faire Verfahren ein, um damit Klarheit für Betroffene und Kommunen zu schaffen.  

Wir haben die Möglichkeit eines Spurwechsels für Geduldete aus der Asyl- in die Erwerbsmigration geschaffen und mit dem Chancenaufenthaltsgesetz sowie dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Persönlich freue ich mich über viele Fälle, in denen wir im Landkreis eine gute Lösung und längerfristige Beschäftigung aufgrund dieses wichtigen Gesetzes erreichen konnten.  

Wir wollen, dass Arbeitsverbote abgeschafft werden. Wer arbeiten kann, soll arbeiten dürfen. Außerdem soll im Aufenthaltsrecht verankert werden, dass all jene, die hier arbeiten, eine Ausbildung machen oder studieren, eine langfristige Bleibeperspektive bekommen, statt abgeschoben zu werden. 

6. Rechtsstaat durchsetzen, in allen Bereichen 

Das Asylrecht gilt auch an den europäischen Außengrenzen, selbst wenn einzelne EU-Mitgliedsstaaten sich nicht an geltendes Recht halten. Sollte die EU-Kommission hier weiter untätig bleiben im Hinblick auf Vertragsverletzungsverfahren, muss die Bundesregierung tätig werden. Aber: Nicht jeder, der nach Deutschland kommt, kann bleiben. Wer kein Asyl- oder Aufenthaltsrecht hat, muss, wenn keine Abschiebehindernisse vorliegen, wieder ausreisen. Menschen dürfen nicht in Staaten abgeschoben werden, in den Völkerrecht oder Menschenrechte nicht eingehalten werden. Ausweispflichtige, die schwere Straftaten begangen haben, müssen nach Verbüßung ihrer Strafe prioritär zurückgeführt werden, ebenso Gefährder. 

Ich bin mit den Beschlüssen zufrieden. Es sind wahnsinnig schwere Entscheidungen. Aber ich glaube, wir haben hier einen guten Weg aufgezeigt, der einerseits die Menschenrechte und die Würde der Menschen wahrt und andererseits Rückführungen vorsieht. 

Ich bin mit den Beschlüssen zufrieden. Es sind wahnsinnig schwere Entscheidungen. Aber ich glaube, wir haben hier einen guten Weg aufgezeigt, der einerseits die Menschenrechte und die Würde der Menschen wahrt und andererseits Rückführungen vorsieht. 

Links: 

Beschluss LDK in Würzburg (19./20.10.24) https://www.gruene-bayern.de/menschlichkeit-und-rechtsstaatlichkeit-fuer-integration-und-ordnung/  

Beschluss BDK in Wiesbaden (15. bis 17.11.24): https://cms.gruene.de/uploads/assets/Beschluss-vorläufig_Für_eine_Migrations-_und_Asylpolitik_der_humanitären_Vernunft.pdf  


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