Die Energiewende durchläuft mehrere Phasen, von einem anfänglichen Idealistenmarkt (Phase 1) bis hin zu einem wettbewerbsfähigen Markt, wo erneuerbare Technologien technisch ausgereift sind und in das bestehende Netz integrierbar sind. Anfangs wurden erneuerbare Energien durch die EEG-Umlage gefördert, um ihnen den Eintritt in den Markt zu ermöglichen und sie als dauerhafte Konkurrenten zu fossilen Brennstoffen zu etablieren. Mit dem fortschreitenden technischen Fortschritt und dem Ausbau der erneuerbaren Energiequellen sind die Kosten kontinuierlich gesunken, sodass sie zunehmend auch ohne Subventionen wettbewerbsfähig geworden sind. Der Anteil der erneuerbaren Energien nahm deutlich zu (Phase 2). Dazu kam, dass durch die CO2-Bepreisung ein mehr Kostengerechtigkeit im Strommarkt geschaffen wurde.
Die Herausforderung liegt nun darin, die Integration der Erneuerbaren in das bestehende Stromnetz sicherzustellen (Phase 3). Wir stehen vor der Aufgabe, unsere Stromversorgung von einem zentralisierten System, das auf einige wenige Großkraftwerke ausgelegt war, zu einem dezentralen Netzwerk aus tausenden, über das Land und die Meere verteilten Windrädern, Photovoltaikanlagen, Wasserkraftanlagen, Biogasanlagen und und und zu transformieren. Dies erfordert nicht nur einen Umbau in der Netzstruktur, sondern den Einsatz neuer Speichertechnologien, um “Überschuss”-Strom aus Erneuerbaren Energien für Zeiten von geringer Verfügbarkeit von Wind- und Solarstrom verfügbar zu machen. Schließlich treten wir ein in Phase 4 und die letzte Phase, in der dann auch kleine Beiträge fossiler Kraftwerke vollständig ersetzt sind – hier leisten Wasserstoffkraftwerke den Ausgleich in Zusammenarbeit mit Speichern, Lastmanagement und vielem mehr.
Hier müssen wir Geld investieren. Die aktuelle Debatte um die Kosten der Energiewende übersieht oft einen wesentlichen Punkt: Investitionen in unsere Energieinfrastruktur sind unabhängig von der Energiewende dringend erforderlich. Ein Großteil der bestehenden Stromnetze und Anlagen in Deutschland stammt aus der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere aus den 1950er und 1960er Jahren. Seitdem hat sich die Wirtschafts- und Industrielandschaft in Deutschland erheblich weiterentwickelt und intensiviert.
Jahrzehntelang wurden notwendige Investitionen vernachlässigt, was nun zunehmend zu spürbaren Engpässen führt. Die anstehende Rechnung für diese Unterlassungen erreicht uns jetzt. Daher stehen wir vor der Notwendigkeit, in die Modernisierung und Erweiterung unserer Energieinfrastruktur zu investieren, um sie an den heutigen und zukünftigen Bedarf anzupassen – mit oder ohne Energiewende. Diese Investitionen sind also nur zum Teil Kosten, die durch die Energiewende verursacht werden. Alle Investitionen sindeine wichtige Voraussetzung, um den Anforderungen einer modernen und effizienten Stromversorgung gerecht zu werden.