Humanität und Ordnung

Die kontroverseste Debatte des Parteitags fand am Samstagabend zur Ausrichtung der Migrationspolitik statt. Die Antragskommission hatte die zahlreichen Änderungsanträge zum Vorschlag des Bundesvorstands u.a. von der BAG Migration und Flucht im Vorfeld auf wenige abzustimmende Punkte zusammengeschmolzen: Der o.g. Titel war umstritten (besser "Menschenrechte" statt Ordnung?) und der weitgehende Änderungsantrag der Grünen Jugend war abzustimmen. Warum der Antrag der Grünen Jugend auf Untersagung der Zustimmung von Politiker*innen auf allen Ebenen zu weiteren Asylrechtsverschärfungen keine Mehrheit fand:

 

Bildquelle: Sabine Stein-Hoberg

Die Antragskommission hat im Vorfeld der Debatte die allermeisten der ca. 200 Änderungsanträge zu dem Kapitel mit der Überschrift „Humanität und Ordnung“ verhandeln und größtenteils in den Vorschlag des Bundesvorstands von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN übernehmen können. Viele positive Änderungen fanden schon auf diesem Weg Eingang in den Text. So wurde durchweg nicht mehr von Belastungsgrenzen gesprochen, sondern positiv von den Erfolgen. So heißt es jetzt im Text: „Seit 2022 hat Deutschland insgesamt 1,6 Millionen Geflüchtete aufgenommen, davon rund 1,1 Millionen Menschen aus der Ukraine.“ Weiter wird darauf Bezug genommen, dass die Menschen bisher gut untergebracht werden konnten, dass die Lage der Kommunen inzwischen aber angespannt sei – insbesondere dort, wo es schon an Wohnraum, Personal in der Kinderbetreuung und in Behörden fehlte. Es sei also notwendig, die Kommunen und die Zivilgesellschaft mehr und verlässlich bei der Versorgung, Unterbringung und Integration zu unterstützen.  

Auch ein Änderungsantrag des Bundestagsabgeordneten Julian Pahlke zu den Verhandlungen zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) wurde übernommen: „Grenzverfahren dürfen nicht dazu führen, dass weitere Haftlager wie Moria an den Außengrenzen entstehen, die die Würde und die Rechte von Schutzsuchenden verletzen. Der Entrechtung von Menschen, die durch autoritäre Staaten instrumentalisiert werden, stellen wir uns entgegen. In Krisensituation wollen wir Menschen in Not helfen und nicht ihre Rechte beschränken. Wir werden in enger Abstimmung zwischen Europafraktion, Bundestagsfraktion, Bundespartei und Regierungsmitgliedern für Verbesserungen bei den GEAS-Verhandlungen kämpfen. Auch das Ergebnis werden wir gemeinsam bewerten. Unsere jeweiligen Positionierungen zu den Rechtsakten werden wir davon abhängig machen, ob unter dem Strich Verbesserungen in der Europäischen Asylpolitik und auch für Europa stehen.“  

Wenige Anträge blieben übrig, u.a. abgestimmt werden musste der Antrag, den Titel „Humanität und Ordnung“ in „Humanität und Menschenrechte“ zu ändern, der allerdings keine Mehrheit fand. Argumentiert wurde, dass Ordnung in der Migration hier dem Wunsch der Menschen entspreche. Menschenrechte stehen ohnehin im Mittelpunkt dieser Debatte. 

Zum Schluss blieb der weitgehende Antrag der Grünen Jugend übrig, die forderte: „Weiteren Asylrechtsverschärfungen, wie etwa restriktiveren Regelungen für Rückführungen, der Kürzung von Sozialleistungen für Geflüchtete, der Absenkung von Schutzstandards, einer Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten, Schnellverfahren an Außengrenzen, der Unterbringung von Flüchtenden in Außengrenzlager sowie der Zurückweisung von Flüchtenden in vermeintlich sichere Drittstaaten dürfen weder die grünen Minister*innen in Bund und in den Ländern noch grüne Fraktionen zustimmen.“ 

Es folgte eine scharfe Debatte mit zahlreichen Redebeiträgen für und gegen den Vorschlag des Bundesvorstands bzw. den Antrag der Grünen Jugend. Die Stimmung im Saal ließ zunächst keinen Zweifel daran aufkommen, dass der Antrag der Grünen Jugend Erfolg haben würde. Wie Sie wahrscheinlich auch der Presseberichterstattung entnommen haben, warf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck der Grünen Jugend vor, ihr Antrag sei ein Misstrauensvotum gegenüber der Ampelregierung; er bedeute, dass die Grünen in der Regierung zukünftig in der Migrationsfrage keinerlei Zugeständnisse mehr machen dürften. Auch Außenministerin Annalena Baerbock wies darauf hin, dass dies das Ende der Verhandlungsmöglichkeiten für grüne Politiker*innen bedeute und statt ihrer dann eben auf EU-, Bundes- oder Landesebene andere verhandeln müssten – mit denkbar ungünstigerem Ausgang.  

Meines Erachtens hat diese Aussicht auf Verlust jeglichen Verhandlungsspielraums trotz der bisherigen schwierigen Entscheidungen auch auf EU-Ebene dazu geführt, dass der modifizierte Vorschlag des Bundesvorstands entgegen den Erwartungen die Mehrheit erhielt – und dieses Ergebnis hat nur deshalb trotz aller bestehender Kritik an den GEAS-Beschlüssen auch meine Zustimmung. 

Die kontroverse Debatte war wichtig. Ich bin mir sicher, dass die Meinung großer Teile der Basis ihren Niederschlag in künftigen Verhandlungen zu Migration  – auch in der Ampelregierung – finden wird. 

Den Antragsverlauf finden Sie hier: 

Den vorläufigen Beschluss finden Sie hier: Beschluss Humanität und Ordnung 

 

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