Wir brauchen keine einzige KWh Atomstrom!

Hängen wir am Tropf vom Atomland Frankreich? Müssen wir Atomstrom aus anderen Ländern importieren, um unseren Stromverbrauch zu decken? Viele neue Atomkraft-Fans wie unser Ministerpräsident Markus Söder behaupten das. Doch was steckt dahinter?

Gleich vorneweg: Nein – das ist vollkommener Blödsinn. Wir brauche keine einzige KWh Atomstrom, um unsere Stromversorgung zu sichern.

 

Aber schauen wir uns das Ganze mal genauer an: Wie hat sich der Strommix im Jahr 2023 in Deutschland zusammengesetzt? 

Im Jahr 2023 hat Deutschland einen Wechsel erreicht. Die erneuerbaren Energien haben erstmals mehr als die Hälfte des Stroms erzeugt mit 53% Anteil. Die Erneuerbaren stiegen um 13 TWh auf 261 TWh im Jahr 2023 an, während die alten und dreckigen Energien fielen um 71 TWH auf 231 TWH. Ein großer Erfolg der Energiewende in der Stromerzeugung. Kontinuierlich steigt der Anteil des erneuerbaren Stroms in Deutschland an. Ein echter Erfolg! Obwohl es ein schlechtes Sonnen Jahr war, legte die Erzeugung aus Photovoltaik nochmal um 1 TWH zu auf 61 TWH (allein die neuen PV-Anlagen erzeugte 6 TWh – das schlechte Sonnenjahr macht aber die Gesamtstromausbeute wieder niedriger). Windkraft hatte jedoch ein sehr gutes Jahr und erzeugte 138 TWH. Über das Jahr gesehen ergänzen sich Wind und Sonne sehr gut. Im Sommer ist die Solarenergie stark, während im Winter der Wind weht und wir viel Energie durch Windkraftanlagen erzeugen. Biomasse ging um 5 % zurück auf 44 TWh. Die Wasserkraft ging aufgrund höherer Niederschläge bei gleicher Anlagenleistung um 10 % auf 20 TWh hoch.  

Der Rückgang der Kohleverstromung betrug 48 TWh. Atomstrom ging um 27 TWH zurück. Gas blieb mit 80 TWH auf dem gleichen Niveau. Dadurch schafften wir allein im Energiebereich eine CO2 Einsparung von 46 Millionen Tonnen. 

Warum gingen Kohlekraftwerke so stark zurück?

Die Verstromung von Kohle fällt auf den niedrigsten Stand seit 1965, was sich hauptsächlich auf die gestiegenen Kosten für die Erzeugung von Kohlestrom zurückführen lässt. Die Kosten für Importstrom lagen im Durchschnitt 3-4 % unter denen von Kohlestrom, wodurch Letzterer im Wettbewerb nicht mehr mithalten konnte. Dieser Kostenvorteil des Importstroms hat positive Auswirkungen auf die Strompreise, da diese tendenziell gesenkt werden können, was auch durch entsprechende Grafiken untermauert wird. Und das ist doppelt positiv für das Klima. Denn der Importstrom bestand 2023 zu rund 50 aus EE. Nur unser Exportstrom war hier mit 57 % EE noch besser. 

Deutscher Import und Export von Strom

Bei der Grafik sehen wir, dass wir 69 TWH importierten und 58 TWh exportieren. Bei einem Stromverbrauch von 523 TWH haben wir in Saldo also 11,7 TWH importiert – das entspricht 2,2 % unseres Stromverbrauchs. Betrachten wir nicht nur den Saldo, sondern die Gesamtmenge von 69,3 TWh so ist der importierte Atomstrom mit 16,6 TWh höher (rund ¼ des Importstroms besteht aus Atomstrom). Aber auch dann liegt die Menge nur bei 3,2 % am Gesamtstromverbrauch. Mit dem Atomland Frankreich ist die Bilanz weitestgehend ausgeglichen. Wir exportierten somit so viel Strom, wie wir importierten.  

 

Welchen Strom haben wir importiert?

Die Stromimporte setzten sich wie folgt zusammen: 49 Prozent stammten aus Erneuerbaren Energien (vor allem Wasser- und Windkraft) und 24 Prozent aus Kernkraft. Deutschland importiert Strom in den Stunden, in denen Strom aus dem Ausland günstiger ist als der Betrieb deutscher fossiler Kraftwerke. Insbesondere die europäische Wasserkraft erbringt dabei eine für das Gesamtsystem wichtige Flexibilitätsleistung, die Emissionen und Strompreise senkt. Deutschland importierte insbesondere aus Dänemark, Frankreich und der Schweiz.  

Welchen Strom haben wir exportiert?

Auch die deutschen Stromexporte waren von Erneuerbaren Energien dominiert: Mehr als die Hälfte stammte aus Erneuerbaren Energien, davon fast jede dritte Kilowattstunde (kWh) aus Windenergie. Hauptabnehmer waren Frankreich, Österreich und die Schweiz.  
Insgesamt profitieren die deutschen Stromverbraucher von Stromimporten und den damit verbundenen sinkenden Strompreisen. Der europäische Stromhandel ermöglicht es, die Stromnachfrage in jeder Stunde mit dem jeweils günstigsten verfügbaren Erzeugungsmix zu decken – unabhängig von nationalen Grenzen. Konkret lag der mengengewichtete Preis für Stromimporte im Jahresdurchschnitt um 3 Prozent unter den kurzfristigen Stromgestehungskosten eines typischen deutschen Braunkohlekraftwerks und um 4 Prozent unter den kurzfristigen Stromgestehungskosten eines typischen deutschen Steinkohlekraftwerks, die alternativ zum Import den Strombedarf hätten decken können 

Aber warum bekommen wir überhaupt Atomstrom geliefert?

Das liegt daran, dass in Frankreich im Sommer ein hohes Überangebot an Atomstrom besteht und sie den subventionierten Atomstrom (der französische Energiekonzern EDF hat übrigens 60 Milliarden Schulden, gleichzeitig wurde der Atomstrom jahrelang vom Staat stark subventioniert, weshalb er so günstig sein konnte) an der Börse verscherbeln, da die AKWs zu träge sind, um sie der Nachfrage anzupassen. In der gleichen Zeit stehen unsere fossilen Kohle- und Gaskraftwerke still. Sie könnten jederzeit die geringe Menge produzieren – aber gegenüber dem subventionierten Atomstrom sind zu noch zu teuer. 

Wie werden wir noch autarker und unabhängiger von importieren fossilem Strom?

Um autarker in der Energieversorgung zu werden, benötigen wir eine effiziente Möglichkeit, nachhaltige überschüssige Energie zu speichern. Diese können wir nutzen, wenn die Nachfrage hoch ist oder wenn Energiequellen wie Sonne und Wind nicht verfügbar sind, beispielsweise ein bewölkter Sommertag. Speicher spielen dabei eine entscheidende Rolle, da sie die überschüssige Energie aufnehmen können, um sie später abzugeben, wenn wir sie brauchen. Somit besteht die Funktion von Speichern besteht darin, Energie in einem bestimmten Medium zu speichern und sie später freizugeben. 

Dafür haben wir verschiedene Technologien:  
Batteriespeicher: Batterien speichern elektrische Energie chemisch und können sie bei Bedarf wieder abgeben. Sie werden häufig in Verbindung mit Solaranlagen eingesetzt, um tagsüber überschüssigen Solarstrom zu speichern und ihn nachts oder an bewölkten Tagen zu nutzen. Heimspeicher: Diese Speicher werden in Privathaushalten eingesetzt und dienen dazu, überschüssige Energie aus erneuerbaren Energiequellen wie Solaranlagen zu speichern. Großbatteriespeicher: Diese Speicher sind in der Regel größere Einrichtungen, die in das Stromnetz integriert sind. Gewerbespeicher: Diese Speicher werden in kommerziellen und industriellen Umgebungen eingesetzt und dienen dazu, den Energieverbrauch zu optimieren und die Energiekosten zu senken.  

Pumpspeicherkraftwerke: Diese Speicher funktionieren über die Schwerkraft: Der überschüssige Strom wird genutzt, um Wasser in einem Oberbecken zu pumpen. Wenn dieser Strom benötigt wird, wird das Wasser aus dem Oberbecken zurück in ein Unterbecken abgelassen. Dabei fließt das Wasser durch Turbinen, die Strom erzeugen.  

Die Gesamtleistung der Heim-, Groß- und Gewerbespeicher in Deutschland erreichte Ende 2023 mit 7,2 Gigawatt etwa dreiviertel der Leistung von Pumpspeicherkraftwerken. Neben der Leistungskapazität ist auch die eingespeicherte Strommenge (Gigawattstunden) eine wichtige Kenngröße, da sie Aufschluss darüber gibt, wie lange die Leistung abgerufen werden kann. Die Speicherkapazität der Heim-, Groß- und Gewerbespeicher betrug 11,2 Gigawattstunden, was knapp einem Fünftel des durchschnittlichen stündlichen Strombedarfs in Deutschland entspricht (Quelle: ISEA RWTH Aachen 2023). Durch den Einsatz von Speichern können wir überschüssige erneuerbare Energie speichern und nutzen, um unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und autarker zu werden. 

Fazit

Also, um es klarzustellen: Unser Energiebedarf ist nicht von ausländischem Atomstrom abhängig. Unsere eigenen Kraftwerke könnten ihn problemlos erzeugen, und die Betreiber wären sehr gerne dazu bereit. Das europäische Stromsystem basiert auf einem Handelssystem. Wenn ein Kraftwerk kostengünstig Strom erzeugen kann, steht es zur Verfügung. Das ist schlicht und einfach der Marktmechanismus.   

Insgesamt war der Strommix in Deutschland im Jahr 2023 so sauber wie nie zuvor. Wind- und Solarenergie verzeichneten starke Zuwächse, während der Anteil der Kohle um 6 % drastisch zurückging. Lediglich etwa 3 % des Stroms wurden importiert. Tatsächlich hätten wir den importierten Atomstrom nicht benötigt – unsere eigenen fossilen Kraftwerke hätten ihn leicht selbst erzeugen können. Wir schreiten zügig in eine saubere Energiezukunft voran, frei von Kohle, Gas und Atomenergie. 

 

Die Daten stammen aus der Analyse von Agora Energiewende. Wer die gesamte Analyse der Agora Energiewende lesen möchte, findet diese auf ihrer Webseite. 

Link: Agora Energiewende (2024): Die Energiewende in Deutschland: Stand der Dinge 2023. Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2024

 


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