Grüner Bayerischer Energiekongress 2018: Dokumentation

Wir wollen der Energiewende in Bayern wieder Schwung verleihen. Während die CSU-Regierung nach erheblichen Angriffen auf die Erneuerbaren mittlerweile weitgehend abgetaucht ist, haben wir auf unserem diesjährigen Energiekongress im Bayerischen Landtag mit über 100 Gästen über die aktuellen Entwicklungen in der Szene gesprochen.

 

©Bild: Gruene Fraktion Bayern

Hier eine Zusammenfassung der einzelnen Vorträge und Workshops:

Martin Stümpfig, MdL
Zur Lage der Energiepolitik in Bayern

Energiepolitik findet in Bayern derzeit nicht statt. Völlig ungebremst steuert das Land auf eine krasse Importabhängigkeit zu: Wenn die CSU-Regierung nicht endlich für den nötigen EE-Ausbau sorgt, importiert Bayern nach dem Abschalten des letzten AKW bis zu 50 Prozent seines Strombedarfs aus anderen Ländern – zum Teil auch aus dreckiger Kohlekraft.
Erneuerbare brauchen wir aber auch dringend, um unseren Beitrag zum Erreichen der Pariser Klimaziele zu erreichen. Dafür hat die Grüne Landtagsfraktion viele Vorschläge parat.
In der Präsentation sind die Details dazu zu finden.
 

Christian Maaß, Hamburg Institut
Ein Klimagesetz für Bayern

Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist die Erdüberhitzung. Dem vorbeugenden Klimaschutz und der Anpassung an unvermeidbare negative Folgen der Klimaerwärmung muss deshalb höchste Priorität eingeräumt werden. Aus diesem Grund hat die Grüne Landtagsfraktion das renommierten Hamburg Institut mit der Erstellung eines bayerischen Klimaschutzgesetzes beauftragt.
Geschäftsführer Christian Maaß hat auf unserem Kongress die wesentlichen Bestandteile erläutert: Mit dem Gesetz sollen klare Ziele festgeschrieben werden:
•    Bis zum Jahre 2050 soll die CO2-Emmission nicht mehr als 1,3 Milliarden Tonnen betragen
•    Gegenüber 1990 soll sich die CO2-Emmission bis zum Jahr 2050 um 95 % verringern
•    Die CO2-Emmission pro Kopf soll bis zum Jahr 2030 nicht mehr als 3,5 Tonnen betragen.
Dreh- und Angelpunkt ist die rechtlich verbindliche Forderung nach einer umfassenden Klimaschutz- und einer Klimaanpassungsstrategie, die regelmäßig und unter wissenschaftlicher Zuarbeit fortentwickelt werden soll.
Alle Details zum Gesetz gibt es in dieser Präsentation.
Das Grüne Klimaschutzgesetz gibt es hier.

Ursula Sladek, CO2-Abgabe e.V.
CO2-Abgabe für mehr Klimaschutz

Die Triebhausgas-Uhr tickt. Und wenn wir Klimaschutz wirklich in globalem Maßstab ernst nehmen wollen, brauchen wir einen verbindlichen Preis für den Ausstoß von Treibhausgasen. Ursula Sladek, Mitbegründerin der Elektrizitätswerke Schönau und Pionierin der Energiewende, setzt sich für ein entsprechendes CO2-Gesetz in Deutschland ein.
Die fortschreitende Klimaüberhiztung erfordert sofortiges Handeln. Eine ansteigende Abgabe für Treibhausgase ist für sie und weite Teile der Szene das erfolgversprechendste Instrument. Damit sollen die Kosten für Klimaschäden von den Verursachern übernommen werden. Gleichzeitig kann das so eingenomme Geld für den Ausbau klimafreundlicher Technologien verwendet werden.
Alle Details zu diesem Instrument gibt es in dieser Präsentation.
 

Workshop 1: Nahwärmenetze und Solarthermie 

Der Workshop 1, der die Themen Nahwärmenetze und Solarthermie behandelte, wurde von unserer Landshuter Abgeordneten und verbraucherschutzpolitischen Sprecherin Rosi Steinberger moderiert. Im ersten Vortag stellte Jürgen Breit, Geschäftsführer der Stadtwerke Crailsheim seine Erfahrungen mit dem Solaren Nahwärmenetz für über 2000 Personen vor. Die Anlage wurde 2005 gebaut und sticht mit seinem besonderen Speicherkonzept hervor, in der auch ein saisonaler Wärmespeicher zur Anwendung kommt. „Man kann unsere Anlage nicht 1:1 auf andere Quartiere übertragen, doch unser Anlagenkonzept zeigt, dass man mit einem ausgefeilten Speicherkonzept einen solaren Deckungsgrad von 50% erreichen kann“ so Jürgen Breit. Das Projekt „Wohnen mit der Sonne“ wurde auf einem Konversionsgebiet umgesetzt, das sowohl aus Einfamilien-, Doppel und Kettenhäusern besteht. Mit einer Kollektorfläche von 7.500 qm ist die Crailsheimer Anlage einer der größten in Deutschland und das Speicherkonzept mit Tages-, Wochen- und Saisonspeicher als Erdsondenspeicher in Europa einzigartig.

Der zweite Vortrag von Oskar Wolf vom Solarbüro Fischbach, beschäftigte sich mit dem Thema „Hybride Ansätze des Wärmewandels mit Solarthermieanlagen", hier besonders mit den Vorteilen von kalten Nahwärmenetzen die mit Systemtemperatur von 12 bis 15 °C arbeiten und bei denen das Netz als Primärenergiespeicher für die angeschlossenen Wärmepumpen fungiert. Bei kalten Nahwärmenetzen kann auf große Speicherlösungen verzichtet werden. Ein Thema im Workshop war die viel diskutierte Flächenkonkurrenz bei der Sonnenenergienutzung zwischen Photovoltaik und Solarthermieanlagen. Diese Flächenkonkurrenz sieht Herr Oskar Wolf nicht. Neben den Nahwärmenetzen wurden auch noch andere alternative Ansätze wie das „Sonnenhaus“ aufgezeigt. „Den anderen Weg zu gehen, bedeutet immer individueller zu werden. Wir können nicht davon ausgehen immer und überall das Gleiche zu bauen.“ so Oskar Wolf. Beide - Herr Breit und Herr Wolf - verwiesen in Ihren Vorträgen auf die enormen Herausforderungen für eine klimafreundliche Beheizung von Gebäuden und bedauerten gleichzeitig, dass die Solarthermie immer weiter an Bedeutung verliert. In der Diskussion waren sich die Workshopteilnehmer*innen einig dass hier enormer Handlungsbedarf besteht.
Hier der Vortag von Herrn Wolf

Workshop 2: Geothermie – Chancen und Gefahren

„Geothermie ist für die Energiewende unbedingt notwendig“, davon zeigte sich Prof. Dr. Inga Moeck vom Leibnitz-Institut für Angewandte Geophysik überzeugt.  Ein großes Potenzial findet sich im Molassebecken im Münchner Raum. 60% der Ressourcen sind hier wirtschaftlich gewinnbar - 743 Mio t Heizöl könnten so eingespart werden. Aber auch in Mittelfranken gibt es gute Bedingungen für eine mitteltiefe Geothermie.
Weiter ging sie auf die Gefahr von Erdbeben ein, die als „sehr gering gefährlich“ eingestuft wird. Diese entstehen durch tektonische Spannungen. Ein Schadbeben beginnt ab einer Stärke von 4MW (Momenten-Magnitude) – beim Zwischenfall in Poing im vergangenen Jahr wurden 2MW gemessen. Weitere wissenschaftliche Forschungen sind notwendig, um den Prozess zu verstehen und um zukünftig spürbare Erdbeben zu vermeiden.
Am Beispiel des Erdbebens in Poing zeigt sich, wie wichtig Information und Kommunikation ist. Denn hier konnten die Bedenken und Ängste der Bevölkerung ausgeräumt werden.
Mehr dazu auf der Homepage des Geothermischen Informationssystems.

Werner Rühle von den Stadtwerken München(SWM) hat anschließend die Pläne der Stadt München vorgestellt: „Wärmewende in München: Die Geothermie-Strategie der SWM“
Ab 2040 soll die Fernwärme in München zu 100% aus Erneuerbaren Energien erzeugt werden. 15 Geothermie-Anlagen sollen dann ausschließlich Wärme fördern, mit einer Gesamtleistung von ca. 300 MW.
Das derzeitige Fernwärmesystem deckt noch 30% des Bedarfs aus Heizkraftwerken (KWK-Anlagen) ab.
Die Claims der SWM liegen im Süden von München, wo die besten Bedingungen für die Geothermienutzung vorherrschen. Nutzbar sind diese Ressourcen für mindestens 800 Jahre.
Für die Erschließung wurden bereits seismische Messungen durchgeführt – weitere Erkundungsbohrungen müssen noch erfolgen. Bohrungen und Anlagen brauchen Platz – der muss im dicht besiedelten München gefunden werden.
Eine große Herausforderung ist auch die Umstellung des heutigen Dampfnetzes. Benötigt wird ein Wärmenetz, das mit niedrigeren Temperaturen betrieben werden kann – dafür werden größere Rohrdurchmesser benötigt.
Vorlauftemperaturen und Rücklauftemperaturen müssen auf den Bedarf hin optimiert werden. So konnte bei der Nahwärmeversorgung Freiham durch Absenkung der Netzrücklauftemperatur eine Optimierung der Geothermieleistung erreicht werden.
Herr Rühle endete seinen Vortrag mit „Glück auf“, denn die SWM ist jetzt ja auch Bergwerksbetreiber.
Mehr über die Daten, Erkundungen und Planungen in der Präsentation.
 

Workshop 3: Perspektiven der Stromspeicherung

Im ersten Teil des Workshops hat Dr. Max Peiffer von der Energierechtskanzlei AssmannPeiffer den „Regulatorische Rahmen der Stromspeicherung“ dargestellt. Er ging davon aus, dass in der aktuellen energiewirtschaftlichen Lage verschiedene potenzielle Geschäftsfelder für Stromspeicher vorhanden wären. Aufgrund zunehmend volatiler Stromerzeugung steigt einerseits der Bedarf an Regelleistung. Aber auch auf dem „normalen“ Strommarkt wird durch zunehmende Preisspreizungen der Einsatz von Speichern bei hohen Strompreisen bzw. die Einspeicherung bei niedrigen bis negativen Strompreisen bedeutender.
Hinzu kommt, dass angesichts des ungleichmäßigen Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der Netzengpässe der Redispatchbedarf in den nächsten Jahren steigen wird.
Um diese Geschäftsfelder zu nutzen, stehen aber verschiedene rechtliche Hemmnisse im Weg. Im Einzelnen wurden dann konkrete Modelle, wie z.B. beim Mieterstrom, bei der Regelenergievermarktung oder bei der Netzentgeltoptimierung konkreter dargestellt.
Alle Details gibt es in der Präsentation.

Im zweiten Teil befasste sich Werner Weindorf von der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik mit den technologischen Perspektiven der Speichertechnologie. Nach einer Einführung über die verschiedenen Speicherbedarfe (von Kurzzeitspeichern bis zu Langfristspeichern) ging es zunächst schwerpunktmäßig um Batteriespeichersysteme. Dabei wies er darauf hin, dass Batteriespeichersysteme keineswegs mit dem Verbrauch seltener Erden verbunden sind, bzw. verbunden sein müssen. Detaillierter wurde auf verschiedene Lithium-Ionen-Batterien und auf Redox-Flow-Batterien eingegangen. Bei der Langzeitspeicherung, insbesondere zur Überbrückung von „Dunkelflauten“, wird seiner Einschätzung nach an Power-to-gas kein Weg vorbeiführen und er stellte die Speicherung von Strom in Wasserstoff und Methan und deren Rückverstromung vor. Aufgrund des vergleichsweise geringen Wirkungsgrads wird das aber für kurzfristige Speicherbedarfe voraussichtlich nicht konkurrenzfähig werden.
Alle Details gibt es in der Präsentation.

Workshop 4: Strombörse und Smart Market

Warum man sich mit neuen Markt-Designs befassen muss, erläuterte Sophia Kraft, derzeit tätig an der Strombörse EEX in Leipzig, im ersten Teil des Workshops. Mit einem zunehmenden Anteil Erneuerbarer Energien und einem hinterherhinkenden Netzausbau werden die Eingriffe der Netzbetreiber zur Sicherstellung der Netzstabilität immer häufiger – und teurer. Das liegt aber weniger an den technischen Herausforderungen. Der derzeitige Strommarkt ist schlicht nicht dafür gemacht, volatile Stromerzeugung aus Wind und Sonne wirklich zu integrieren.
Nach Krafts Ansicht müssen neue Märkte geschaffen werden: Smart Markets für regionale Systemdienstleistungen. Die Anbieter solcher Dienstleistungen könnten in kleinen regionalen Zellen für die nötige Netzstabilität sorgen. In einem neuen Markt-Design können sie als Koordinierungsmechanismus zwischen dem reinen Markt und den Netzbetreibern fungieren.
Die Einzelheiten zu diesem Konzept gibt es in dieser Präsentation.
 

Florian Samweber von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. hat im zweiten Teil dargestellt, wie eine solche regionale Zelle technisch realisiert werden kann. Im bundesweiten Forschungsvorhaben SINTEG betreut er das Projekt c/sells in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. In diesen Bundesländern soll bis Ende 2020 die Machbarkeit in mehr als 30 Demonstrations-Zellen untersucht werden.
Am Beispiel des Landkreises Ebersberg, der seinen Strombedarf bis 2030 vollkommen aus Erneuerbaren Energien decken will, erläuterte Samweber die dafür notwendigen Speicher- und Flexibilisierungs-Maßnahmen. Für diese neue Energiewelt braucht es eine Digitalisierung der Netze und eine neue Kommunikationsstruktur zwischen Erzeugern und (großen) Verbrauchern.
Alle Details zu c/sells gibt es in dieser Präsentation.

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