Bayern – Kein Premiumland beim Klimaschutz

Neue Zahlen zu Klima-Emissionen in Bayern zeigen, dass die Staatsregierung eine katastrophale Klimabilanz hat. Nur 15 % Reduktion wurden in den letzten 30 Jahren erreicht.

Alle Schaubilder Eigene Darstellungen. Zusammensgestellt aus Klimabericht 2022 und Schriftlicher Anfrage

Die Staatsregierung hat durch ihre Klimaschutz Verweigerung eine hohe Mitverantwortung an den zunehmenden Klimaschäden durch Unwetter und Dürren und großen Belastungen der Menschen durch Hitze.

Laut CSU-Wahlprogramm ist Bayern Premiumland beim Klimaschutz. Wer diese Behauptung überprüfen will, scheitert jedoch schon daran, dass aussagekräftigen Zahlen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen im Freistaat nur schwer zu finden sind. Auch im kürzlich veröffentlichten Klimabericht der Staatsregierung sind nur einzelne Zahlen enthalten.

Wir haben deshalb bei der Staatsregierung nach ausführlichen und aktuellen Zahlen zur Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Bayern gefragt. Die ausführliche Antwort auf unsere SAN gibt es hier. Auf unsere Frage weshalb keine aussagekräftigen Zahlen zur Entwicklung der THG-Emissionen in Bayern auf den Webseiten der zuständigen Staatsministerien zu finden sind, antwortet die Staatsregierung nur ausweichend.

Die auf unsere Anfrage hin von der Staatsregierung zur Verfügung gestellten Zahlen haben wir ausgewertet und aufbereitet. Das sind die wichtigsten Entwicklungen:

Seit 1990 sind die Treibhausgasemissionen in Bayern um rund 20 Millionen Tonnen zurückgegangen - von rund 112 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten auf 95 Millionen CO2-Äquivalente im Jahr 2019 (vor Auswirkungen Corona Pandemie). Das entspricht einem Rückgang um knapp 15 Prozent innerhalb von 30 Jahren. Im bundesweiten Durchschnitt waren es im gleichen Zeitraum fast 40 Prozent (1990: 1251 Mio. t, 1990: 805 Mio. t).

Berechnet man nun die notwendigen Importstrommengen nach Bayern in den letzten Jahren mit ein, so verschlechtert sich die Bilanz weiter.

Im Jahr 2019 wurden  9,6 TWh Strom importiert. Bei einem CO2 Fußabdruck von  411 g CO2/kWh ergeben sich zusätzliche CO2 Emissionen von 3,9 Millionen Tonnen. Die Reduktion beträgt dann nur noch 13 Millionen Tonnen seit 1990 oder 13%.

Rechnet man zusätzlich den bayrischen Anteil am internationalen Flugverkehr mit ein, so erhöhen sich die Emissionen im Jahr 1990 um 1,2 Millionen Tonnen und 2019 um 5,4 Millionen Tonnen.

Insgesamt liegen somit die THG-Emissionen in Bayern im Jahr 2019 bei rund 105 Millionen Tonnen. Die Reduktion gegenüber 1990 mit damals 112 Millionen Tonnen beträgt nur noch 7 % bzw. 7 Millionen Tonnen.

Was nicht aus dem Klimabericht hervorgeht:

Wo Bayern in Bezug auf die im Klimaschutzgesetz der Staatsregierung verankerten Klimaziele steht. Wir haben berechnet, dass Bayern die Geschwindigkeit bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu den vergangenen 10 Jahren mindestens verzehnfachen müsste, um bis 2040 klimaneutral zu sein. Doch das Tempo beim Klimaschutz ist in den vergangenen 10 Jahren im Vergleich zu den Vorjahren nicht etwa angestiegen, sondern deutlich zurückgegangen – um rund die Hälfte. Das ist alarmierend! Bei diesem Tempo bräuchte Bayern mehr als 200 Jahre, um klimaneutral zu werden. Bis 2040 sind aber nicht einmal mehr 20 Jahre Zeit.

Am meisten Treibhausgasemissionen verursacht in Bayern der Verkehrssektor: 30 Prozent entfielen im Jahr 2019 auf diesen Bereich. Das Erschreckende: Von 1990 bis 2019 sind die Emissionen aus dem Verkehr in Bayern um rund 6 Prozent angestiegen. Zwar sind die Emissionen in diesem Zeitraum auch bundesweit leicht angestiegen. Mit 0,2 Prozent aber lange nicht so deutlich wie in Bayern. Hier besteht also dringender Handlungsbedarf. Absolut gesehen hat der Straßenverkehr den größten Anteil an den Emissionen aus dem Verkehrsbereich. Bezieht man die Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr in die Rechnung mit ein, verursacht der Straßenverkehr knapp 82 Prozent der Emissionen, der Flugverkehr weitere 17 Prozent. Den größten prozentualen Anstieg bei den THG-Emissionen gab es in den vergangenen 30 Jahren beim Flugverkehr: Von 1990 bis 2019 haben sich die THG-Emissionen hier in etwa verdoppelt.

Ähnlich verheerend sieht die Entwicklung im Gebäudebereich aus:In Bayern nahmen die Emissionen von 26 Millionen Tonnen im Jahr 1990 nur um gut zwei Millionen Tonnen oder 8 % auf 24 Millionen Tonnen im Jahr 2019 ab. In Deutschland dagegen von 210 Millionen Tonnen 1990 auf 121 Millionen Tonnen im Jahr 2019. Das entspricht 42 % Reduktion und eine Halbierung ist in Reichweite. In Bayern sind wir hier jedoch meilenweit entfernt. Die Staatsregierung weiss aber nichts besseres als Maßnahmen der Bundesregierung im Gebäudebereich lautstark zu kritisieren, ohne selbst eigene Vorschläge zu machen. So ist eine Zielerreichung in Bayern weiter ausser Sichtweite.

19 Prozent der bayerischen Emissionen entfielen laut den Zahlen aus dem Klimabericht der Staatsregierung im Jahr 2019 auf den Bereich Industrie. Knapp drei Viertel dieser Emissionen sind gemäß den Zahlen aus der SAN energiebedingt. Während die THG-Emissionen aus dem Bereich Industrie von 1990 bis 2008 tendenziell zurückgingen, steigen sie seit 2009 wieder an. 2019 lagen sie knapp 25 Prozent über dem Niveau von 2009.

Die Landwirtschaft war im Jahr 2019 in Bayern für 15 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Den größten Anteil an diese Emissionen hat mit knapp 50 Prozent der Bereich Fermentationsprozesse. Damit sind THG-Emissionen gemeint, die bei Verdauungsprozessen in Tiermägen entstehen, insbesondere bei Kühen. Gefolgt von Emissionen aus landwirtschaftlichen Böden und der Düngewirtschaft. Bezieht man die durch die Landwirtschaft verursachten Emissionen aus dem Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (kurz LULUCF) mit ein, entfällt der größte Anteil der Emissionen auf die Bearbeitung von landwirtschaftlichen Böden, gefolgt von der Fermentation.

Laut den Zahlen aus dem Klimabericht entfielen 2019 13 Prozent der THG-Emissionen auf den Bereich Energiewirtschaft. Diesem Sektor werden in erster Linie die THG-Emissionen zugerechnet, die durch die Erzeugung von Strom und Wärme in großen Kraftwerken entstehen. Rechnet man die THG-Emissionen aus den Stromimporten hinzu, steigt der Anteil der Energiewirtschaft an den Gesamtemissionen auf 14 Prozent. Berücksichtigt man auch die energiebedingten Emissionen aus den Bereichen Verkehr, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft, kommt man auf einen Anteil von über 80 Prozent der energiebedingten Emissionen an den gesamten bayerischen THG-Emissionen.

Besorgniserregend sind auch die Entwicklungen im Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft. Zwar steht Bayern hier im bundesweiten Vergleich gut da. Allerdings nimmt die Speicherfähigkeit der bayerischen Wälder seit vielen Jahren in der Tendenz kontinuierlich ab. Das Diagramm unten zeigt deutlich wie schnell die Speicherfähigkeit von Wäldern, Äckern und Mooren sich verändern kann. Während die Wälder in Bayern in den meisten Jahren seit 1990 unter dem Strich mehr CO2 gespeichert als freigegeben haben, setzen Ackerland, Grünland, Feuchtgebiete und Siedlungsflächen mehr Treibhausgase frei als sie speichern. Besonders viele Treibhausgase werden im Bereich Ackerland freigesetzt.

Die oben aufgezeigte große Diskrepanz zwischen Deutschland und Bayern kann mit einer besonders starken Zunahme der Bevölkerung in Bayern, wie es die Staatsregierung oft versucht, nicht erklärt werden. Die Bevölkerung Bayerns im Jahr 1990 betrug 11,2 Millionen Einwohner. Im Jahr 2019 waren es 13,1 Mio. Einwohner. Es ist also eine Zunahme um rund 17 %. Die Bevölkerung in Deutschland wuchs im gleichen Zeitraum um knapp 5 % (1990: 79,4 Mio., 2019:83,1 Mio.). Der Unterschied beträgt also 12 %. Bei der Reduktion der THG -Stromimporten) bzw. 15 % (ohne Stromimporte). Hier ist der Unterschied mit 20-22 % fast doppelt so groß.

Und so sind zwar die Pro-Kopf Emissionen in Bayern besser als im Bund, da in Bayern keine Kohle zu finden ist. Aber die Reduktionsleistungen sind im Bund mehr als doppelt so hoch. Während deutschlandweit 6 t pro Kopf reduziert wurden, erreichte Bayern nur 2,5 t pro Kopf als Reduktion.

Ein Kurswechsel ist notwendig

Vollmundig hat Markus Söder vor einigen Jahren das Ziel ausgegeben, Bayern bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu machen. Aber die Entwicklung der Treibhausgasemissionen im Freistaat offenbart, dass die CSU in der Klimapolitik außer großen Ankündigungen nichts zu bieten hat. Um Bayern bis 2040 klimaneutral zu machen, ist jetzt ein grundlegender Kurswechsel in der bayerischen Klimapolitik nötig.

  • Eine Wärmewende ist dringend notwendig, denn dieser Bereich verursacht enorme CO2-Emissionen, zeigt aber keine Verbesserungen. Wir brauchen in Bayern ein Wärmegesetz, Ausbau der Geothermie, Förderprogramme für die energetische Sanierung und Wärmenetze und eine Kontrolle der Gesetze durch die bayerische Verwaltung.
     
  • Im Verkehrsbereich muss Schluß sein mit weiteren Straßenbauorgien. Ausbau ÖPNV, Radewege und vernetze Mobilität ist dringend notwendig.
     
  • Im Energiebereich ist v.a. ein konsequenter Ausbau von Wind, Sonne und der Infrastruktur nötig.
     
  • Und schließlich ist ein verbindliches Klimagesetz mit klaren Maßnahmen zu beschließen.

Viele, viele Baustellen, die angepackt werden müssen. Bisher hat die Staatsregierung in allen Bereich versagt.

 
Datengrundlage:

Hinweis: Alle Daten (soweit nicht anders angegeben) ohne internationalen Luftverkehr und ohne LULUCF (Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft)

Berechnung Pro-Kopf Emissionen: Höhe in Bayern im Jahr 1990 bei 10 t/Person (11,2 Mio. Einwohner, 112 Mio. t CO2 Aequiv.) und im Jahr 2019 7,25 – 7,5 t/Kopf (13,1 Mio. Ew, 95 Mio t bzw. 99 Mio. t CO2). In Deutschland betrugen sie im Jahr 1990 15,7 t/Kopf (79,4 Mio. Ew, 1251 Millionen t CO2) und im Jahr 2019 waren es 9,7 t/Kopf (83,1 Mio. Ew, 805 Mio. t CO2).
 

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