Mein Besuch in der GU in Dietenhofen

Dietenhofen. Am 29. Juli besuchte ich die Gemeinde Dietenhofen, um mich vor Ort über die Arbeit von ehrenamtlichen Betreuern bei der Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu informieren. Begleitet haben mich Heinz Henninger, Integrationsbeauftragter des Landkreises Ansbach und meine Kreistagskollegin Gabi Schaaf.

Bürgermeister Rainer Erdel verwies eingehend auf die 30jährige Tradition des Ortes in der Arbeit mit Flüchtlingen und Asylbewerbern. In der Gemeinde leben derzeit 588 Mitbürger mit Migrationshintergrund. Davon sind 204 Personen Asylbewerber aus 46 Staaten der Erde, deren Integration eine große Herausforderung für alle Beteiligten darstellt, die die Gemeinde aber bisher hervorragend gemeistert hat. Es haben sich zahlreiche Strukturen herausgebildet, die das Zusammenleben erleichtern und bereichern. So stellte die Gemeinde eine Teilzeitmitarbeiterin ein, die sich an der Schnittstelle zwischen Eltern von Asylbewerbern- und Flüchtlingskindern und deren Besuch von Kinderbetreuungseinrichtungen und Schule um Hilfestellungen bemüht. Hier ist es nach Erfahrungen der Gemeinde immer wieder nötig, helfend einzugreifen und gerade den neu angekommenen Menschen bei uns gültige Verhaltensweisen zu vermitteln. Die Gründung des Vereins "Miteinander", die Nutzung des alten Feuerwehrhauses als "second-hand-Laden" und die selbstlose Hilfe vieler Betreuerinnen und Betreuer haben maßgeblich dazu beigetragen, das in Dietenhofen der Umgang miteinander zu einer gesellschaftlichen Normalität geworden ist. Viele frühere Asylbewerber haben sich in der Gemeinde dauerhaft niedergelassen und sind ein unwiderlegbarer Beweis dafür, dass Dietenhofen hier sehr viel richtig gemacht hat.

Beim Besuch der Gemeinschaftsunterkunft (GU) in der Kopernikusstraße 1 mit 120 Bewohnern wurden bei allen Erfolgen auch die auftretenden Probleme im Detail sichtbar . Frau Ulrike Sterner , die äußerst couragierte hauptamtliche Caritas - Mitarbeiterin und Betreuerin der Einrichtung, legte dar, dass die Arbeit trotz aller Verbesserungen im Wesentlichen nicht leichter geworden ist. Größtes Problem sind nach wie vor die fehlenden Sozialarbeiter bei den Wohlfahrtsverbänden; derzeit muss ein Mitarbeiter der Caritas bei uns im Landkreis mit 358 Asylbewerbern und Flüchtlingen arbeiten, normal wäre ein Betreuungsschlüssel von 1:120. Das ist ein absolutes Unding und schon lange Kritikpunkt der Grünen. Hier ist staatlicherseits bedeutend mehr zu tun; den Verbänden müssen mehr Mittel zur Verfügung stehen, um hier aufstocken zu können.

Die Menschen haben grundverschiedene Anliegen, um die sich der Sozialarbeiter kümmern muss. Entsprechend dem Aufenthaltsstatus der Menschen stehen verschiedene Probleme an, bürokratische Hemmnisse erschweren die Arbeit zusätzlich und überlasten die Asylsozialarbeit grundsätzlich. Frau Sterner beklagte, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge jetzt zwar schneller arbeite, den Betreuern aber schlicht die Zeit fehlt, um die Asylbewerber und Flüchtlinge auf die so wichtige Erstanhörung vorzubereiten. Da auch in den einzelnen Städten und Gemeinden die Betreuer anhand der auftretenden Fragen und Probleme oft ratlos sind, gehen die hauptamtlichen Caritas-Mitarbeiter derzeit in ihrer Freizeit dorthin und helfen vor Ort. Das ist ein unhaltbarer Zustand; im Landratsamt gibt es 40 Mitarbeiter, die mit diesen Fragen beschäftigt sind; eine bessere Unterstützung der Haupt - und Ehrenamtlichen muss hier gelingen.

Haupt- und ehrenamtliche Betreuer bedauern durchgehend, dass ihnen zu wenig Zeit bleibt für den menschlichen Kontakt mit dem Einzelnen, denn nur so weiß man um die auftretenden Probleme. Bei den Familien klappt das in der Regel besser als bei den vielen alleinstehenden jungen Männern. Ausreichende Ansprache und Betreuung, ggf. auch psychiatrische und psychotherapeutische Hilfestellungen, ehe Verzweiflung in Hass umschlägt und zu Gewalttaten führt, sind hier jedoch nahezu lebenswichtig, um Schwierigkeiten rechtzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können. Die ehrenamtlichen Betreuer stellten dar, dass die Menschen meist in einem seelisch völlig zerrütteten Zustand bei uns ankommen und eigentlich viel mehr Hilfe nötig hätten. Eine Betreuerin berichtete, wieviel Zeit und Aufwand alleine nötig ist, um nur für einen einzigen Flüchtling den Besuch einer weiterführenden Schule zu managen und ihn selbst darauf vorzubereiten. Der Schulleiter Herr Grillenberger verwies auf die Notwendigkeit von "ordentlichen" Bildungsabschlüssen sowie die Vermittlung von realistischen Lebens- und Berufsvorstellungen.

Im Gespräch mit Einzelnen der 120 Bewohner dieser GU erfuhr ich hautnah, wo der Schuh drückt. Nach den Gewalttaten in Würzburg und Ansbach herrscht unter den Flüchtlingen und Asylbewerbern Verunsicherung und die Angst, dass alle als Extremisten angesehen werden. Sie distanzieren sich von den Anschlägen und sind in der Hauptsache froh und dankbar für jede Hilfe, die sie bekommen.

Als großes Problem stellt sich auch die Versorgung von anerkannten Asylbewerbern mit Wohnraum dar. "Anerkannte" wollen so schnell wie möglich raus aus den staatlichen Unterkünften und müssen auch raus, da der Platz für Neuankömmlinge dringend benötigt wird, finden aber nur schwer entsprechenden Wohnraum für sich und ihre Familien. Dabei ist zu erkennen, dass der Trend eher nach größeren Städten geht; sich in kleinen Gemeinden ansiedeln wollen die Wenigsten. Es fehlt allerorten bezahlbarer Wohnraum.

Der Besuch hat bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen. Die Herzlichkeit der Flüchtlinge hat mich besonders erfreut. Aber die große Arbeitsbelastung der hauptamtlichen Kräfte und der schlechte Betreuungsschlüssel muss behoben werden. 


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