1. Referat: "Energiesparen in Bürgerhand - die mögliche Rolle der Kommunen
Sebastian Blömer, ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg.
Herr Blömer stellte eine Studie vor, die im Auftrag des BUND (Bund Naturschutz Deutschland) erstellt wurde.
Demnach könnte bis 2030 ein Energiesparpotential von 25% ohne be-triebswirtschaftliche Verluste erreicht werden - theoretisch. In der Praxis zeichnet sich jedoch ab, dass die bis heute erfolgten Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen das Ziel zu erreichen. Die Anstrengungen müssten erheblich gesteigert werden.
Die größten Potentiale liegen in der Gebäudesanierung der Haushalte und des Gewerbes sowie im Bereich der Mobilität.
50% der Stromerzeugung an Erneuerbaren Energien liegt schon jetzt in Bürgerhand. "Ziel muss es sein, alle gesellschaftlichen Akteure bei Energieeinsparungen und Investitionen in energieeffiziente Technik und Innovationen zu gewinnen."
"Bürgerenergie" ist eine gemeinschaftliche Investition von Kapital, Arbeitszeit und Know-how von Privatpersonen in die Durchführung von Energiesparmaßnahmen. Die Handlungsfelder der Energiesparmaßnahmen liegen u.a. in den Bereichen der Heizungsmodernisierung, Gebäudesanierung, Beleuchtung, Kraftwäremekopplung (BHKW), Suffizienzmaßnahmen (Nutzerverhalten), Nahwärme, Gebäudeoptimierung und Kältemaschinen.
Als Bürgerbeteiligungsmodelle gibt es die Genossenschaften, sog. Modellprojekte in öffentlichen Gebäuden und Finanzierungsplattformen.
Bürgerbeteiligung:
In Deutschland gibt es 3,6 Billionen € an privatem Geldvermögen. Davon ist ungefähr eine Geldsumme von 1 Billion € verfügbar um als Bürgergeld für Investitionen herangezogen zu werden. Dabei würden auch niedrige Margen und längere Investitionshorizonte von den Geldgebern akzeptiert werden. Großes ehrenamtliches Engagement ist notwendig - von den Akteuren wird zum Teil viel abverlangt.
Durch die starke Bürgereinbindung ergeben sich auch Handlungsoptionen für die Kommunen. Die lokale Wertschöpfung wird gestärkt und eine Finanzierung von Effizienzinvestitionen kann außerhalb von Haushaltsbeschränkungen stattfinden.
«Die Präsentation von Herrn Blömer "Energiesparen in Bürgerhand" können Sie hier nachlesen»
2. Referat: Energieagenturen als Motor der Umsetzung von Energieeffizienz-projekten
Hans Gröbmayr, Geschäftsführer Energieagentur Ebersberg
2006 hat sich der Kreistages Ebersberg per Beschluss das Ziel gesetzt bis zum Jahr 2030 frei von fossilen und anderen endlichen Energieträgern zu sein. 2015 hat der LK dieses Ziel bestätigt und erweitert.
Die Energiewende des Landkreises Ebersberg hat viele Bausteine, welche die BürgerInnen und die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen mit einbeziehen: Klimaschutzmanager, Bürgerenergiegenossenschaften, kommunale Energiegenossenschaft (Landkreis und Gemeinden), Energienutzungsplan, Energieagentur, Förderverein der Energieagentur, Energiearbeitskreise.
Geplant ist ein regionales Energieversorgungsunternehmen. Noch 2015 wird ein virtuelles Kraftwerk gegründet. 2020 wollen die Gemeinden des Landkreises die Stromnetze übernehmen.
Zu den Energiegenossenschaften bemerkte Herr Gröbmayr "die Zeit der einfachen Projekte ist vorbei". Angesprochen wurden die politischen Rahmenbedingungen von Bund und Land, die eine Energiewende in Bürgerhand erheblich erschweren (10H-Regelung, EEG-Vergütung, Deckelung...).
Die Energieagentur soll der Motor für die Energiewende des Landkreises sein. Sie wurde per Kreistags-Beschluss als gemeinnützige GmbH gegründet und wird durch den Freistaat Bayern gefördert.
Derzeit ist die Agentur mit 1,5 Stellen (zusätzlich zum Geschäftsführer) besetzt und hat etliche PraktikantInnen beschäftigt, ohne die das Arbeitspensum nicht bewältigt werden könnte. Ab 2016 soll die Agentur mit 2,5 festen Stellen ausgestattet sein.
Die Handlungsfelder sind:
- Beratung von Privatpersonen, Unternehmen und Kommunen
- Bildungsarbeit: Schulen, Kitas und Vereine (sehr wichtiger Schwerpunkt, denn über die Bildungsarbeit werden auch die Eltern erreicht.) Beispiel: "Unsere Botschaft von Paris" von Kindern für Paris verfasst
- Öffentlichkeitsarbeit
- Anstoßen und Begleiten
Die Energieagentur vernetzt sich mit den 21 Kommunen des Landkreises und wirkt darauf hin, dass die Energienutzungspläne umgesetzt werden. Sie dient als Schnittstelle zu Energie-Genossenschaften, Politik, Energiebeauftragten der Gemeinden und anderen bayerischen Energieagenturen.
Ein sehr bedeutsamer Ansprechpartner ist die "Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Energieagenturen".
Durch kommunales Energiemanagement (KEM) sollen die Kosten für Strom und Wärmeversorgung kommunaler Liegenschaften um 15% gesenkt werden. Durch interkommunale Zusammenarbeit können beispielsweise Kläranlagen und Trinkwasserpumpen optimiert werden.
Durch den Aufbau eines kommunalen Energieeffizienznetzwerks kann eine Förderung von Netzwerkbildung und Beratung erfolgen. [LEEN- Netzwerk (lernendes Energienetzwerk)].
Das Ebersberger Modell für Energieeinspar-, Effizienz-, Liefer- und Anlagen-Contracting:
Die Energieagentur führt Potentialanalysen durch, berät und begleitet Ausschreibungen, die Energiegenossenschaften treten gegenüber Landkreis und Kommunen als Contractoren auf. Landkreis und Kommunen können sich an den Projekten beteiligen.
Ein Beispiel eines Einspar-Contractings im Landkreis Ebersberg: LED Lampen für die Kreisklinik Ebersberg.
Mehr über die Energieagentur Ebersberg und die Energiewende des Landkreises Ebersberg können Sie auf deren Homepage erfahren, die mit über 10.000 BesucherInnen pro Monat auf großes Interesse stößt:
http://www.energiewende-ebersberg.de
«Die Präsentation von Herrn Gröbmayr "Energieagenturen als Motor der Umsetzung von Energieeffizienzprojekten" können Sie hier nachlesen»
3. Diskussion:
Eine rege Diskussion nach den Vorträgen zeigte das große Interesse an den Möglichkeiten der Energiewende vor Ort. Einige Stichpunkte dazu in Kurzform:
- Ein Landkreis kann kein Energieversorgungsunternehmen (EVU) gründen. Eine kommunale Genossenschaft aus Landkreis und Kommunen darf eine EVU gründen.
- Die Kosten für die Energiewende des Landkreises sollen von den Ein-sparungen letztendlich getragen werden. Finanzmittel des Landkreises und Fördermittel wurden abgerufen. Viel ehrenamtliches Engagement ist dafür notwendig.
- Wenn alte Heizungen gegen ein Brennwertgerät eingetauscht werden, sollten neue fossile Heizungsanlagen vom Staat nicht mehr bezuschusst werden (negative Beispiel: 10.000 Häuser Programm Staatsregierung, positives Beispiel Dänemark: Verbot fossiler Heizungen ab Stichtag).
- CO2-neutrale Wärme: Biomasse muss mittlerweile schon importiert werden
- Rohstoff Holz begrenzt verfügbar; Motto: Nicht die Verschwendung fossiler Energie durch die Verschwendung erneuerbarer Energien ersetzen!
- über die Effizienz von Luft-Wärmepumpen herrschte Uneinigkeit. Insgesamt betrachtet können Wärmepumpen fossile Wärmeträger ersetzen (Anm.: vorausgesetzt, der verwendete Strom wurde aus erneuerbaren Energien hergestellt).
- Vorteile im Landkreis Ebersberg: gemeinsames Vorgehen der Kommunen, Know-how kann weiter gegeben werden, Kommunen können gemeinsam profitieren.
- Es gibt elf Energieagenturen in Bayern
- Im Landkreis Ebersberg werden bald 100% der Wärme in kommunalen Ge-bäuden ohne fossile Energieträger beheizt.
- Sehr großes ehrenamtliches Engagement von Vorstand und Aufsichtsrat von Energiegenossenschaften notwendig.
- Kraftwärmekopplung (KWK) wäre wichtig um Energieeffizienz umzusetzen. Ob das neue KWK-Gesetz wirkungsvoll ist, wird sich zeigen.
4. Fazit
- Sebastian Blömer: "Die Transformation des Energiesystems ist notwendig. Es wird zur Verteilungsfrage darüber kommen. Durch eine andere Rahmengesetzgebung, eine CO2-Steuer, hätten Bürgergenossenschaften eine ganz andere wirtschaftliche Grundlage. Auf oberster Ebene könnten sich durch die Rahmenbedingungen andere Geschäftsmodelle etablieren, die eine Bürger-Beteiligung begünstigen würden. Eine strukturelle Entscheidung "von ganz oben" wäre wichtig!"
- Hans Gröbmayr: "Die Energiewende wird/muss umgesetzt werden. Denn die Menschen wollen auf diesem Planeten bleiben."
- Martin Stümpfig (MdL): "Unser Ziel ist es, dass jeder Landkreis eine eigene Energieagentur betreibt. Es liegt aber auch immer an der Person, die das umsetzt. Herr Gröbmayr hat sich da insbesondere sehr gut durchgesetzt und dient uns als Vorbild."