Bayerische Gesundheits- und Krankenhauspolitik - wie geht es weiter? Auswirkungen auf die regionale ärztliche Versorgung

von links: MdL Ulli Einer und Martin Stümpfig

Pressemitteilung: Die Ansbacher Kreistagsfraktion von Bündnis/90 Die Grünen veranstaltete den interessanten Thementag, an dem Ulli Leiner, der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, und der regionale Abgeordnete Martin Stümfig mitwirkten. In der Abendveranstaltung wurden die Themen hausärztliche und stationäre Versorgung und die Rolle von Land und Kommunen erörtert. Dabei wurde eine Unterversorgung in beiden Bereichen kritisiert. Um ein gutes flächendeckendes Angebot sicherzustellen muss der Freistaat vermehrt in die gesundheitliche Versorgung investieren, so das Resümee.

"Die Funktionsfähigkeit der ärztlichen Versorgung und der Notfallversorgung erkenne man besonders in Krisensituationen", so Gabi Schaaf, Moderatorin der Abendveranstaltung. Am Sonntag war so eine Krisensituation in Ansbach. Die Kliniken Ansbach, Rothenburg und Dinkelsbühl standen mit insgesamt elf OP-Sälen und einem ganzen Ärztestab bereit. Zum Glück wurden die sie nicht benötigt. Dieses Beispiel zeige, so Martin Stümpfig , "dass der Erhalt unserer Krankenhäuser unabdingbar ist, gerade auch in Notlagen - da brauchen wir dezentrale Strukturen. Eine reine Ausrichtung auf Wirtschaftlichkeit, die derzeit im Bereich der Gesundheitspolitik vorherrscht, ist deshalb klar abzulehnen denn sie wird unsere Versorgung gefährden."

Hausärztliche Versorgung

Im ersten Vortrag stellte der regionale Landtagsabgeordnete Martin Stümpfig, Bündnis 90/Die Grünen, die hausärztliche Situation dar. Es gibt in ganz Bayern zwei Bereiche mit einer Unterversorgung und sechs Bereiche mit einer drohenden Unterversorgung. Im Landkreis Ansbach liegen die zwei unterversorgten Gebiete und zwei der drohend unterversorgten Gebiete. Den Versorgungsgrad von 78 % in Ansbach Nord und 73 % in Feuchtwangen bezeichnete Ulli Leiner, Sprecher der grünen Landtagsfraktion für Gesundheit und Pflege, als Katastrophe. Aber auch in den drohend unterversorgten Gebieten Dinkelsbühl und Wassertrüdingen ist die Situation alarmierend. Für Martin Stümpfig ist auch der sehr hohe Altersdurchschnitt von rund 60 Jahren ein Alarmzeichen. Hier hat die Politik viel zu lange geschlafen!

Im Vortrag von MdL Ulli Leiner und in der anschließenden Diskussion wurden mögliche Maßnahmen vorgestellt. Die Zahl der medizinischen Studienplätze ist in Bayern um mindestens 500 Plätze zu erhöhen. Die entsprechenden Mittel sind im Doppelhaushalt 2017/2018 einzustellen:

  • Das Auswahlverfahren an den Universitäten ist zu ändern. Neben der Abiturnote sollen beispielsweise Berufsausbildung oder soziale Kompetenzen berücksichtigt werden.
  • Derzeit sind 70 % der Medizinstudienplätze von Frauen belegt. Für eine Niederlassung von jungen Frauen im ländlichen Raum müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf begünstigen. So muss es möglich sein Arztsitze zu teilen oder zu dritteln.
  • Neue Modelle wie Hausärztliche Versorgungszentren (HVZ) sind zu unterstützen.
  • Bei der Bestandsaufnahme durch die kassenärztliche Vereinigung muss die Arbeitsleistung pro Arzt überprüft werden und nicht nur die Anzahl der Ärzte gezählt werden.

Herr Singer, Regionaler Vorstandsbeauftragter der kassenärztlichen Vereinigung in Mittelfranken und Hausarzt aus Mitteleschenbach stellte klar, dass Regresse auf Dauer abgeschafft werden müssen. Das Weiterbildungsangebot in Kooperation mit AnRegiomed steht jetzt im ambulanten Bereich bereit. Hier erhält jeder ausbildende, niedergelassene Arzt einen monatlichen Zuschuss von 4800 €. So können junge Nachwuchsärzte die interessante Arbeit von Hausärzten hautnah kennenlernen und möglichst in der Region bleiben. 

Kliniken

Ullrich Leiner kann auf langjährige Erfahrungen zurückgreifen. Er ist mit der Entwicklung des Klinikums Kempten engstens vertraut und seit 2014 Mitglied im Aufsichtsrat des Klinikums Kempten/Oberallgäu. Die Situation ähnelt in sehr vielen Bereichen der im Landkreis Ansbach: Ländlicher Raum, Größe der Krankenhäuser, Fusion der Häuser im Jahr 2014 nach 10 jährigem Einigungsprozess von Landkreis und Stadt. Die große politische Einigkeit hatte und hat sehr positiv zum Gelingen der Fusion beigetragen. Schwierige Entscheidungen konnten so einvernehmlich getroffen werden und ein positives Gesamtbild nach außen vermittelt werden. Das heutige positive Wirtschaftsergebnis mit einem Gewinn im Jahr 2015 von ca. 700.000€ zeige das deutlich.

Finanzierung der Kliniken ungenügend

Die Finanzierung der Kliniken erachtet Leiner aber nach wie vor als vollkommen ungenügend. Es gäbe keine bayerische Krankenhausplanung, so Leiner, entscheidend sei das Geld und nicht der Bedarf. "Reiche Landkreise und Kommunen können in den Ausbau der Kliniken investieren - andere müssen ihre Krankenhäuser schließen. Die Staatsregierung muss hier einen Riegel vorschieben und die Förderung durch den Freistaat im Investitionsbereich deutlich erhöhen", so Leiner. Wichtig sei dabei vor allem die pauschale Förderung. Sonst sei eine flächendeckende gute Gesundheitsversorgung nicht mehr gewährleistet. Darüberhinaus muss sich Bayern im Bund dringend dafür einsetzen, dass die Fallvergütung die Gesamtkosten der Behandlung, vor allem die Kosten für die Pflegekräfte auch tatsächlich abdeckt.

Frau Conrad, Vorstand von ANregiomed, stellte in der Diskussion klar heraus, dass die Verknüpfung von ambulanter und stationärer Behandlungen von großer Wichtigkeit sei und gut ineinander greifen müsse. Eine elektronische Gesundheitskarte würde hier weiterhelfen und die gemeinsame Behandlung von Patienten durch ambulante Praxen und Krankenhäuser entscheidend erleichtern. Mittlerweile betreibt ANregiomed sechs Medizinische Versorgungszentren im Landkreis. Diese funktionieren gut.

Besuch Krankenhaus Ansbach 

Schon am Nachmittag konnte sich die grüne Delegation intensiv mit der Geschäftsführerin bei einem Besuch des Krankenhauses Ansbach austauschen. Unter anderem wurden die neuen Möglichkeiten und großen Chancen der Telemedizin und der neuen Informationstechnologien erörtert.

Besuch im Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) in der Draisstraße

Der Besuch des MVZ in der Draisstraße unter Leitung von Dr. Herrmann Schröter zeigte, dass es für solche große Zentren einer kritische Größe bedarf. Im MVZ, welches seit 2004 betrieben wird, sind 11 ½ Ärzte und vier Fachrichtungen vertreten. Es verfügt über drei OP-Säle. "Die Nachfrage ist sehr hoch", so Dr. Schröter. Leider sei auch hier der begrenzende Faktor die Anzahl der Ärzte, die nur sehr schwer zu gewinnen sind. Das MVZ arbeitet vollständig ohne stattliche Zuschüsse. Laut Herrn Dr. Schröter ist das MVZ eine betriebswirtschaftliche Herausforderung, da ständig neue Investitionen erforderlich sind. Eine Generallösung für den ländlichen Raum stellen MVZ also nicht dar.

Resümee

Abschließend bleibt nach einem intensiven Tag zur Gesundheitsversorgung festzuhalten:

Auf die Kommunen kommen große Aufgaben zu. In Kooperation mit den Krankenhäusern, den niedergelassenen Ärzten und den nicht ärztlichen Heilberufen gilt es angepasste, sektorübergreifende Lösungen zu finden. Medizinische Versorgungszentren stellen eine Möglichkeit dar und können bei geänderten Lebensentwürfen der jungen Ärzte gute Arbeitsbedingungen bieten. Hoffnung machen auch die leicht steigenden Zahlen bei den Hausärzten. Der Freistatt Bayern muss jedoch dringend mehr investieren und mindestens 500 neue Studienplätze einrichten.


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Martin Stümpfig in Freuchtwangen
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Region

Ich bin in Feuchtwangen, im Landkreis Ansbach aufgewachsen – hier bin ich verwurzelt, hier achte ich darauf, dass die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Landtag vertreten sind .

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