Stromspeicher: es tut sich was, aber es könnte – und muss – sich viel mehr tun

Auf meine Initiative hin hat der Wirtschaftsausschuss eine Anhörung zum Thema Stromspeicher durchgeführt. Ein Fazit lautet: die Politik muss endlich ihre Hausaufgaben machen.

Stromspeicher ©Foto CC0: Alexandra_Koch; pixabay.com

Grundlage für die Anhörung der 10 Expert*innen war ein gemeinsamer Fragenkatalog der Fraktionen der Fraktionen.

Alle 9 Expert*innen (Ausnahme stets Experte, der von AFD benannt wurde) waren sich einig: Das heutige System, das heutige Strommarktdesign steckt noch komplett in der alten Stromwelt fest: große, zentrale Kraftwerke, die 24 Stunden am Tag und fast das ganze Jahr Strom liefern. Heute ist das ganz anders durch die volatilen Erneuerbaren Energien. Aber die Regulatorik ist noch im letzten Jahrtausend stecken geblieben. 

Es gibt keine Definition von einem Speicher, wie Frau Prof. Kathrin Goldammer, Geschäftsführerin des Reiner Lemoine Institut aus Berlin darstellt.   Systemdienstleistungen wie Spannungshaltung, Frequenzhaltung, Blindstrombereitstellung werden am Markt nicht angereizt. Es wird nur nach Kilowattstunde Strom bezahlt. So schießt man am Ziel vorbei.

Diese Punkte betonen auch Prof. Dr.-Ing. Markus Brautsch, Professor an der Fakultät für Maschinenbau und Umwelttechnik, OTH Amberg-Weiden und Herr Heinrich Gärtner, Mitglied des Präsidiums des Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) aus Berlin. Herr Brautsch plädiert für Reallabore, in den die Regulatorik auf Null gesetzt wird. Wenn der Markt es alleine regeln würde, hätten wir mehr Speicher. In Hassfurt funktioniert das schon bestens. 

Herr Gärtner kann die Diskussion zu notwendigen Importen nicht verstehen. Er sagt zu Recht: Warum wollen wir die Produktion von Erneuerbaren Energien, von Speichern, von Wasserstoff hier im Land? Weil wir in Deutschland das Potential dafür haben, weil wir die Unternehmen haben, die das können, weil wir die Wertschöpfung wollen. Drei Punkte, bei denen auch die CSU und die FW nicht widersprechen können!

Die Diskussion konzentrierte sich relativ schnell auf die Batterietechnologien und auf den Wasserstoff. Das sind die Arbeitspferde bei den Speichern – aber auch andere Speicher haben ihre speziellen, optimalen Einsatzbereiche. Diese beiden Technologien Batterie und Wasserstoff werden als führend für die kurzfristigen und für die langfristigen Speicherbedarfe betrachtet. Vor allem beim Wasserstoff wurde deutlich, dass es in diesem Bereich noch viele offene Fragen gibt, sowohl was die Herstellung, die Lagerungs- und Transportmöglichkeiten, als auch die Anwendungsbereiche angeht. Auch bei der Wirtschaftlichkeit gibt es noch viele Ungewissheiten. Zwar rechnen viele mit Skaleneffekten, wenn die Investitionen in die verschiedenen Elemente der Wasserstofftechnologie anlaufen. Inwiefern dies ausreicht, um den Wasserstoff in vielen Bereichen konkurrenzfähig zu machen? Auch die Frage, wie und wo die erforderlichen Mengen von grünem Wasserstoff herkommen wurde kontrovers eingeschätzt.

Jenseits der technologischen Fragen herrschte aber in einigen Bereichen doch breite Einigkeit: Wir brauchen einen viel stärkeren Ausbau der Erneuerbaren Energien. Prof. Michael Sterner, Professor für Energiespeicher, OTH Regensburg wurde deutlich: Bayern kann viel mehr bei den Erneuerbaren Energien. Die 10H-Regel muss weg. Die Kosten der erzeugten Kilowattstunde bei neuen Kohle- und Gaskraftwerken sind doppelt so hoch, als bei Erneuerbaren. Die Industrie geht dorthin, wo der Strom billig ist. Bayern verliert den Anschluß, wenn es weiter blockiert. 

Unter den Expert*innen gab es eine klare Priorität für den grünen Wasserstoff. Und: ein in Deutschland produzierter Wasserstoff ist günstiger,  als ein aus Afrika importierter Wasserstoff. Außerdem wurde die Einschätzung geäußert, dass es Exportchancen für die deutsche Wasserstofftechnologie auch nur geben wird, wenn es einen tatsächlichen „Heimatmarkt“ gibt.

Dr.-Ing. Serafin von Roon, Geschäftsführer der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft FFE äußerte deutlich, dass der größte Hemmfaktor bei der Einführung der Speichertechnologien das aktuelle Strommarktdesign ist. Diesen Punkt unterstrichen auch Prof. Dr.-Ing. Andreas Jossen, Lehrstuhl für Elektrische Energiespeichertechnik, Technische Universität München und Prof. Dr. Hubert Gasteiger, Lehrstuhl für technische Elektrochemie an der Technischen Universität München. 

Das aktuelle System von Abgaben, Steuern und Umlagen störe den wirtschaftlichen Einsatz von Stromspeichern. Dabei ist noch eine weitere juristische Frage sehr hinderlich. Stromspeicher werden teils als Stromverbraucher (beim Einspeichern) und teils als Stromerzeuger (beim Ausspeichern) betrachtet. Dazu kommt, dass Speicher eigentlich sehr verschiedene Funktionen erfüllen können. Sie dienen einerseits dazu überschüssigen Strom zu speichern, um ihn in anderen Zeiten zu nutzen. Sie können aber auch netzdienlich eingesetzt werden, z.B. zur Spannungshaltung. Eine andere Möglichkeit ist es die Stromspeicher als Back-up vor Stromausfällen zu nutzen. Für alle diese Anwendungsmöglichkeiten gibt es unterschiedliche Rechtsgrundlagen. Deshalb – und das ist der einzige Grund – ist es derzeit nicht möglich das Multitalent Speicher in verschiedenen Bereichen einzusetzen. Der multifunktionale Stromspeicher wird zum single use verdammt. Nur weil die Politik bremst – wirklich dramatisch! 

Prof. Dr. Gerhard Sextl, Direktor Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC / Lehrstuhl für Chemische Technologie der Materialsynthese an der Julius-Maximilians-Universität-Würzburg betonte, dass sich die E-Mobilität über Batterienantrieb im privaten Sektor durchsetzen wird. Wasserstoff ist hier kein effizienter Antrieb. Technologieoffenheit zu propapgieren sei hier falsch. 

Fazit:
  • Alle neun Expertinnen (Ausnahme Herr Hennig - von AFD benannt) haben kritisiert, dass das derzeitige System den Einsatz von Speichern behindert.
  • Alle haben die Wichtigkeit von grünem Wasserstoffs betont - ein in Deutschland produzierter Wasserstoff ist günstiger als ein aus Afrika importierter Wasserstoff. Bei der Frage, zu welchen Anteilen er in Deutschland produziert werden kann, gab es unterschiedliche Aussagen.
  • Alle waren sich aber einig, dass ein heimischer Markt für die Produkte der Zukunft (z.B. Batteriespeicher, Elektrolyseure…) Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Weltmarktchancen erhöht. 

Für mich war die Anhörung mehr als spannend. Ich werde versuchen mit gezielten Besuchen bei Projekten vor Ort die Bekanntheit zu fördern und die Hemmnisse abzubauen. Nur mit Speichern gelingt uns die Energiewende. Ein Auspielen der einen Technologie gegen die andere oder von Netzen gegen Speicher macht keinen Sinn. Wir brauchen alles! Und das schnell. Die Erdüberhitzung verlangt Lösungen. Bayern, Deutschland kann hier einiges beitragen – aber dafür muss die Politik jetzt ihre Hausaufgaben machen und die Ampeln auf grün stellen. Hoffen wir mal, dass in der Bundesregierung im Herbst auf GRÜN gestellt wird :-)

Für bestimmte Zeit kann das Video hier noch eingesehen werden: https://www.youtube.com/watch?v=PLCcwoNLNVs

Die schriftlichen Stellungnahmen der Expert*innen :

Tagesordnung, Extert*innenliste, Fragen  hier

Prof. Dr.-Ing. Markus Brautsch,  hier
Professor an der Fakultät für Maschinenbau und Umwelttechnik, OTH Amberg-Weiden / Institut für Energietechnik GmbH (IfE)

Heinrich Gärtnerkeine Verfügbar
Mitglied des Präsidiums des Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES), Berlin

Prof. Dr. Hubert Gasteigerkeine Verfügbar
Lehrstuhl für technische Elektrochemie, Technische Universität München

Kathrin Goldammerhier
Geschäftsführerin des Reiner Lemoine Institut, Berlin

Prof. Dr.-Ing. Andreas Jossenkeine Verfügbar
Lehrstuhl für Elektrische Energiespeichertechnik, Technische Universität München

Serafin von Roonkeine Verfügbar
Geschäftsführer der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft mbH, München

Prof. Dr. Gerhard Sextlhier 
zusätzliches Statement hier
Direktor Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC / Lehrstuhl für Chemische Technologie der Materialsynthese, Julius-Maximilians-Universität-Würzburg

Prof. Michael Sternerhier
Professor für Energiespeicher, OTH Regensburg

Prof. i.R. Dipl. Ing. Dr. Arlt  hier
Erlangen

Frank Hennig, Buchautor, Peitz  
Dipl.-Ing. für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung

→ Das Protokoll zur Anhörung

→ alle Infos zur Anhörung sind hier abrufbar.


Im Dialog

©Foto: Manuel Schuller
©Foto: Manuel Schuller

Wirtschaft

Im ständigem Austausch mit den Unternehmer*innen in Bayern erfahre ich welche Fragen, Anregungen und Wünsche an die Politik gestellt werden und wie wir sie unterstützen können.

mehr dazu
©Foto: Andreas Gebert

Vor Ort

Wichtig ist mir mit vielen Menschen ins Gespräch zu kommen, mit ihnen zu diskutieren und von ihnen Anregungen für meine parlamentarische Arbeit im Landtag mitzunehmen.

mehr dazu
Martin Stümpfig in Freuchtwangen
© Foto: Wolf Kehrstephan

Region

Ich bin in Feuchtwangen, im Landkreis Ansbach aufgewachsen – hier bin ich verwurzelt, hier achte ich darauf, dass die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Landtag vertreten sind .

mehr dazu

Das könnte Sie auch interessieren