Offener Brief an den Gemeindetag

MdL Martin Stümpfig richtet sich mit einem offenen Brief an den Bayerischen Gemeindetag, um der öffentlich Kritik an dem Konzeptpapier zur Eindämmung des Flächenverbrauchs zu entgegnen.

Sehr geehrter Herr Dr. Uwe Brandl,

mit Interesse habe ich Ihre Pressemitteilung des Bayerischen Gemeindetages vom 11.01.2017, in der Sie Bezug nehmen auf unser Konzeptpapier zur Eindämmung des Flächenverbrauchs „Unsere Heimat Schützen – Flächenfraß Stoppen!“ gelesen, welches an der Winterklausur der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag letzte Woche verabschiedet wurde.

Darin kritisieren Sie, dass unser Vorschlag gegen das in Art. 3 Abs. 2 S. 2 BV verankerte Staatsziel, gleichwertigen Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen zu fördern und zu sichern, verstoße. Das kann ich nicht nachvollziehen. Boom-Regionen wie der Großraum München oder die Metropolregion Nürnberg könnten sich zwar Flächenzertifikate von finanz- und strukturschwachen Gemeinden abkaufen, dadurch leisten sie allerdings einen Finanzausgleich, d.h. die finanzschwachen Gemeinden profitieren von dem Zertifikatehandel. Für sie entstehen neue Einnahmequellen, die die Gemeinden wiederum in Restrukturierungsmaßnahmen investieren könnten.

Sie missverstehen uns, wenn Sie denken, dass wir nur das Wachstum in Boom-Regionen wie dem Großraum München oder der Metropolregion Nürnberg erhalten wollen. Der Zertifikatehandel würde in den Speckgürteln der Metropolen die Preise verteuern. Weil der Zertifikatekauf aber nicht immer rentierlich sein wird, wäre eine Steuerung vorhanden in Richtung anderer Regionen.

Weiterhin führen Sie aus, dass ein Flächenhandelssystem den tatsächlichen Flächenverbrauch gar nicht reduzieren würde. Damit verkennen Sie, dass das von uns vorgeschlagenen System den Kommunen einen Anreiz für eine konsequente Innenentwicklung schaffen würde. Es würden solche Kommunen profitieren, die brachliegende Fläche wieder nutzbar machen sowie auf Nachverdichtung und flächensparenden Geschossbau setzen. Im Übrigen konnte ein langfristiges Experiment mit insgesamt 87 teilnehmenden Kommunen, durchgeführt vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln deutlich nachweisen, dass durch den Flächenhandel der Flächenverbrauch in den Außenbereichen um mehr als ein Drittel reduziert werden konnte und dass diese Einsparungen erfolgreich durch Reaktivierung von Brachflächen und Baulücken im Innenbereich kompensiert werden konnten. Die Auswertung wird in den nächsten Wochen erfolgen. Mehr Informationen unter http://www.flaechenhandel.de/ergebnisse.

Zuletzt kritisieren Sie, dass eine Obergrenze des Flächenverbrauchs in die verfassungsrechtlich zugesicherte Planungshoheit der Gemeinden eingreifen würde (Art. 28 Abs. 2 GG). Zwar wird die Nutzung des Außenbereichs tatsächlich eingeschränkt. Sie wird aber nicht ausgeschlossen. Der begrenzte Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinden ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts jedoch möglich, wenn dieser durch überörtliche Gründe von höherem Gewicht gerechtfertigt ist und das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Dies ist der Fall, da der Flächenverbrauch landesweite ökologische, soziale und ökonomische Folgen hat und lediglich die Nutzung des Außenbereichs eingeschränkt und eben nicht ausgeschlossen wird. Nicht zuletzt wird dadurch der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 3 Abs. 2 BayVerf) gewährleistet. (Vgl. Bovet 2016, S. 15ff: http://gruenlink.de/1bd2). Bei ihrer Argumentation würden so gut wie alle Grundsätze und Ziele des Landesentwicklungsprogramms gegen die Planungshoheit der Kommunen verstoßen.

Angesichts der Unterstützung der Initiative „Bündnis zum Flächensparen“ durch den Bayerischen Gemeindetag, würde es mich interessieren, welche Lösungswege Sie vorschlagen um das Problem des fortschreitenden Flächenverbrauchs in Bayern zu begegnen. Ich möchte hier nochmal aus der gemeinsamen Erklärung der Partner des „Bündnisses zum Flächensparen" zitieren: Die Partner – und so auch der Gemeindetag setzen sich für eine deutliche Reduzierung des Flächenverbrauchs in Bayern im Sinne einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung ein, bekennen sich zu einem schonenden und flächensparenden Umgang mit Böden, unterstützen auf allen Ebenen die Bemühungen für eine flächensparende Nutzung und eine möglichst geringe Versiegelung von Böden, fördern in ihrem Einflussbereich das Bewusstsein für den Bodenschutz und wirken bei der Entwicklung eines Aktionsprogramms zur Reduzierung des Flächenverbrauchs mit.

Somit bleibt meine Frage: Wie wollen Sie diese Erklärung umsetzen? Ihre Meinung zu meinen Äußerungen ist für mich von großem Interesse und ich bin an einer gemeinsamen Debatte über das Thema des Flächenverbrauchs in Bayern sehr interessiert. Gerne stehe ich bei Rückfragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Stümpfig

Sprecher für Energie und Klimaschutz
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bayerischen Landtag

 

Hier kommen Sie zu unserm «Konzeptpapier „Unsere Heimat schützen – Flächenfraß stoppen!“»

Weitere Infos siehe Gutachten, das im Auftrag von Bündnis 90/Die Grünen im Bayerischen Landtag erstellt wurde : «Instrumente zur Reduzierung der Flächeninanspruchnahme im Bayerischen Landesrecht» 


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