Anhörung zum Landesentwicklungsplan im Landtag: Ausverkauf der Heimat stoppen

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Presseerklärung: Experten waren sich einig – Westmittelfranken ist besonders betroffen.

Die Anhörung im bayerischen Landtag am 27.4.17 war eine Marathonsitzung. 26 Vertreter führender bayerischer Institutionen, der Spitzenverbände und führender Universitäten in Bayern standen Rede und Antwort. Schwerpunkt war die geplante Änderung des Landesentwicklungsprogrammes im Bereich der Anbindung von Gewerbegebieten, der Ausweisung von zentralen Orten und der Räume mit besonderem Handlungsbedarf sowie der Änderung des Alpenplans – Stichwort Skilift am Riedberger Horn.

"Für mich persönlich war ermutigend, in welcher Geschlossenheit alle Experten auftraten und auch meine Position bestätigten", so Martin Stümpfig. Der neoliberale Geist der Reform, die einseitig nur den Wirtschaftsinteressen folgt und die Heimat dafür opfert, wurde massiv kritisiert. "Das LEP würde so seine Steuerungsfunktion verlieren" - so die einhellige Meinung der Experten.

Titel ohne Mittel

Alle Experten waren sich beim ersten Punkt, der Ausweisung der „zentralen Orte“ und der „Räume mit besonderem Handlungsbedarf“ einig, dass diese inflationäre Ausweisung die Lenkungsfunktion der Landesplanung aushöhlt und somit nichtig macht. Wenn die Hälfte der Kommunen in Bayern nun zentrale Orte sind und die Hälfte von Bayern Raum mit besonderem Handlungsbedarf, so ist der Titel nichts mehr wert, so Prof. Miosga von der Universität Bayreuth. „Nachdem die Finanzmittel nicht erhöht wurden, sind es tatsächlich Titel ohne Mittel“, ergänzt Stümpfig.

Gießkannenprinzip

„Auch unsere Region Westmittelfranken profitiert von der Ausweisung als Raum mit besonderem Handlungsbedarf nicht. Es findet eine Gleichbehandlung von Ungleichem statt. Prosperierende Städte in unserer Region werden gleichbehandelt mit Gemeinden wie im Hesselbergraum, die tatsächlich Unterstützung brauchen würden. „Gießkanne ist da genau das Falsche“, so Stümpfig. „Wir brauchen gezielte Investitionen in unsere Kommunen, die Schwierigkeiten haben. Mit der geplanten Reform wird die Situation der Gemeinden, die wirklich Unterstützung benötigen massiv verschlechtert“, so das Fazit von Martin Stümpfig nach der Expertenrunde zu diesem Thema.

Lockerung des Anbindegebots

Beim Thema Anbindegebot waren es lediglich die Vertreter vom Gemeindetag und der IHK, die etwas Gutes am Entwurf fanden. Alle anderen Vertreter, sei es Landkreistag, Städtetag, Bauernverband, Bund Naturschutz und alle Vertreter der Akademien und Universitäten kritisierten die Lockerung des Anbindegebots massiv. „Diese klare Front hat mich sehr gefreut. Wie die Experten befürchte ich einen Dammbruch und einen massive Erhöhung des Flächenverbrauchs“, so Stümpfig.

Gewerbegebiete „fressen“ Fläche

Als stellvertretender Vorsitzender hat er die Anhörung mit geleitet und das Beispiel Gewerbepark Interfranken aus seiner Region eingebracht, das als Paradebeispiel für bevorstehende Fehlentwicklungen gilt. Auf der „grünen Wiese“ soll ein Gewerbegebiet mit 67 ha nutzbarer Gewerbefläche entstehen. Dafür müssen Straßen zur Erschließung gebaut werden, die 35 ha Fläche verbrauchen. Die nötigen Ortsumfahrungen benötigen 44 ha Fläche, die innere Erschließung 14 ha. So ergibt sich ein Gesamtflächenverbrauch von 160 ha für 67 ha Gewerbefläche. „Dieses Beispiel zeigt überdeutlich, dass eine Nicht–Anbindung enorm viel Fläche frisst und entsprechend zusätzliche Millionen Euro dem Steuerzahler kostet“, so Stümpfig.

Versunkene Investitionen

Bestätigt wurde dies nochmal von Gunnar Braun, dem Geschäftsführer des Verbandes der kommunalen Unternehmen (VKU). Herr Braun warnte vor versunkenen Investitionen, da die zusätzlichen Kosten für leitungsgebundene Infrastruktur für Wasser, Abwasser, Gas, Strom und schnelles Internet sehr hoch sind. Volkswirtschaftlich ist dies nicht tragbar und die Fehlinvestitionen müssten die nächste Generation schultern. Eine „Nicht-Anbindung“ können wir uns nicht leisten, so Braun.

Boden geht verloren

Klar war auch die Aussage des bayerischen Bauernverbandes, der den zunehmenden Druck auf die endliche Ressource Boden beklagte. Der Flächenverbrauch darf so nicht weitergehen, so Alfred Enderle. Bei der Reform des LEP befürchtet der Bauernverband eine weitere Verschlechterung. „Ich sehe die Entwicklung mit großer Sorge“, so Stümpfig, „denn die betonierte Fläche geht 1:1 von der landwirtschaftlichen Nutzfläche ab“.

Zunehmende Konkurrenz unter den Kommunen

Das Argument der Staatsregierung, dass die ländlichen Kommunen profitieren würden, entkräfteten die Experten nachhaltig. Die Reform wird zu zunehmender Konkurrenz unter den Kommunen führen. Es wird eine Kannibalisierung stattfinden. Der Staat muss lenken, sonst wird eine Konkurrenzspirale geöffnet – zu Lasten unserer Heimat und zu Lasten der Kommunen, die sich immer weiter verschulden.

„Aus meiner Heimatstadt kann ich genau das bestätigen. Der Feuchtwanger Bürgermeister Ruh warnt unseren Stadtrat, wenn das neue Gewerbegebiet nicht ausgewiesen würde, macht es die Nachbarstadt. Und hier wird dann reflexartig zugestimmt. Die Lenkungs- und Steuerungsfunktion der Landesplanung und seiner Organe, den regionalen Planungsverbänden, muss gestärkt werden“, davon ist Stümpfig überzeugt. Ansonsten wird unsere Heimat immer weiter unter Beton und Asphalt verschwinden – das werden wir nicht zulassen!

Alpenplan + Riedberger Horn

„Das Thema Riedberger Horn betrifft sicherlich nicht direkt unsere Region. Indirekt nach meiner Meinung jedoch schon“, so Stümpfig. Seit 1972 besteht der Alpenplan, der besondere Bereiche der Alpen unter Schutz stellt. Seit 45 Jahren wurde dieser Schutz geachtet. Jetzt soll erstmals eine Fläche herausgenommen werden, um am Riedberger Horn einen Skilift zu bauen. Die Experten sahen alle die Gefahr eines Präzedenzfalles und warnten eindringlich davor. Prof. Job hatte dazu ausführliche Unterlagen. Die Region steht wirtschaftlich sehr gut da. Andererseits ist das Riedberger Horn aus Natur- und Artenschutzaspekten einmalig. Das bestätigte der Bund Naturschutz: Die Kernlebensräume des gefährdeten Birkhuhns, des Auerhuhns und Schneehuhns wären massiv bedroht, so Vorsitzender Weiger. „Mit Liftbau wird man den Klimawandel nicht verhindern“, so Präsident Klenner vom Deutschen Alpenverein. „Auch hier soll also wertvoller Lebensraum kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen geopfert werden. Unsere Heimat wird Stück für Stück zerstört. Das dürfen wir nicht zulassen“, so Martin Stümpfig.

„Für mich ist die Änderung des LEP eines der wichtigsten Themen in der verbleibenden Legislaturperiode. Fehlentwicklungen würden wir sehr teuer erkaufen. Klimaschutz durch kurze Wege muss zukünftig das konsequente Leitbild sein, sonst werden wir die Klimaziele nie erreichen. Wir denken auch über ein Volksbegehren nach, um den Ausverkauf unserer Heimat zu stoppen und hoffen auf viel Unterstützung aus der Bevölkerung“, so Stümpfig abschließend.


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